Kommentar: Neue Ideen für mehr Wohnungsbau

Nach der politischen Bilanz zur Halbzeit der schwarz-gelben Landesregierung in NRW, die am 12. November vor der Landespressekonferenz gezogen wurde, interessiert die Architektenkammer NRW vor allem die Frage: Wie steht es um die Wohnungsmärkte in NRW und um die Wohnraumförderung?

18. November 2019
Dr. Christian Schramm - Foto: privat

Liebe Kollegin,
lieber Kollege!

So ist das mit politischen Bilanzen: Zur Halbzeit der schwarz-gelben Landesregierung in NRW, die am 12. November vor der Landespressekonferenz gezogen wurde, sah die Landesregierung in vielen Themenfeldern große Fortschritte, die Opposition dagegen Versäumnisse. Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen arbeitet sachorientiert, weshalb an dieser Stelle vor allem eines interessiert: Wie steht es um die Wohnungsmärkte in NRW und um die Wohnraumförderung?

Grundsätzlich können wir positiv vermerken, dass die Wohnraumförderung wieder ein hochpolitisches Thema geworden ist. Hier in NRW wird die soziale Wohnraumförderung schon seit einigen Jahren auf hohem Niveau gehalten – angesichts der Enge im Bereich des bezahlbaren Wohnraums für kleine und mittlere Einkommen in vielen Großstädten unseres Landes eine Notwendigkeit, die überparteilich nicht bestritten wird. In zwei aktuellen Stellungnahmen, die wir im November an den Landtag NRW gegeben haben, unterstreicht die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, dass die „soziale Wohnraumförderung unter wohnungswirtschaftlichen, städtebaulichen und sozialen Aspekten langfristig erforderlich bleibt“. Wir begrüßen, dass die Landesregierung das Programmvolumen für das mehrjährige Förderprogramm der Legislaturperiode auf 1,1 Milliarde Euro aufgestockt hat. Damit wird deutlich, dass der mietpreisgebundene Wohnungsbau die Kernaufgabe der Förderpolitik des Landes bleibt. Und bleiben muss!

Wir teilen auch die Einschätzung der Landesregierung, dass eine Erhöhung der Eigentumsquote, die in NRW nur bei 42 Prozent (und in Großstädten unter 25 Prozent) liegt, insbesondere als Beitrag zur Altersvorsorge angestrebt werden sollte. Allerdings darf die Eigentumsbildung nicht in Regionen mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, in denen es bereits seit längerem aufgrund des demografischen Wandels zu einem Überhang an Wohnungsangeboten gekommen ist. Die AKNW plädiert grundsätzlich dafür, der Förderung des Mietwohnungsbaus im Bereich der sozialen Wohnraumpolitik den Vorrang zu geben.

Dazu bedarf es aktuell aber weiterer Modifikationen: Insbesondere die Änderung der Gebietskulissen hat nach unserer Beobachtung dazu geführt, dass sowohl in Städten des Ruhrgebiets als auch in den Wachstumsstädten Investitionsentscheidungen auf nicht sinnvolle Weise geografisch verlagert werden; nämlich auf Nachbarstädte, die einer für Investoren günstigeren Mietstufe zugeordnet werden.

Als Architekt, der seit rund 30 Jahren im Wohnungsbau tätig ist, kann ich feststellen, wie sensibel die Märkte auf die Ausgestaltung von Förderkonditionen reagieren. So haben die neuen Mietniveaustufen der Wohnungsbauförderungsbestimmungen in der Praxis dazu geführt, dass bedauerlicherweise in einigen Städten des Ruhrgebiets deutlich weniger Sozialwohnungen gebaut werden als vor der Neufassung der Gebietskulisse. Teilweise werden fast gar keine Sozialwohnungen mehr gebaut, was umso tragischer ist, als diese gerade im Ruhrgebiet fehlen. Die Architektenkammer NRW empfiehlt deshalb, die Förderpolitik künftig auf großflächig abgegrenzte Wohnungsmärkte mit dann einheitlichen Förderkonditionen auszurichten, statt zwischen Kommunen zu unterscheiden, die vor allem im Ruhrgebiet städtebaulich fließend ineinander übergehen.

Nadelöhr auf vielen Wohnungsmärkten bleibt aber letzten Endes der Mangel an bebauungsfähigen Grundstücken. Die stetig steigenden Grundstückspreise sind einer der zentralen Preistreiber des Wohnungsbaus. Wir unterstützen deshalb die Initiative der Landesregierung „Bau.Land.Leben“, in deren Rahmen ein Wohnflächenkataster entwickelt werden sollte, in dem Grundstücke der öffentlichen Hand verzeichnet sein könnten. Zudem halten wir die Schaffung eines neuen Förderbausteins für überlegenswert, der die Kommunen in die Lage versetzen würde, baureife Grundstücke zu erwerben, die für den mietpreisgebundenen Wohnungsbau geeignet sind, aber dem Markt nicht zur Verfügung stehen. Damit würde der Finanzsspekulation mit baureifen Grundstücken der Boden entzogen. Und ein deutliches Signal gesetzt, dass alle Marktbeteiligten daran erinnert: „Eigentum verpflichtet!“

Eine schöne Adventszeit wünscht Ihnen
Ihr

Dr. Christian Schramm
Vizepräsident der Architektenkammer NRW
schramm@aknw.de

Teilen via