100 Jahre Küppersmühle

Die Küppersmühle im Duisburger Innenhafen hat in ihrer 100-jährigen Geschichte manche Höhen und Tiefen erlebt. Aktuell herrscht Aufbruchsstimmung: Noch im Laufe des Sommers soll mit dem Erweiterungsbau des MKM des Museum Küppersmühle für moderne Kunst begonnen werden, den erneut die Schweizer Architekten Herzog & de Meuron, bald 20 Jahren nach ihrem ersten Museumsprojekt vor Ort, entworfen haben. Die Küppersmühle, das ist vor allem ein Beispiel für den Strukturwandel im Revier, für den Weg vom 19. ins 21. Jahrhundert.

17. August 2016von Dr. Frank Maier-Solgk

"Die Kunst geht zum Brote", heißt es. Für Duisburg trifft das allemal zu. 1860 nahm an der Stelle der Küppersmühle ein erster von mehreren Mühlenbetrieben die Arbeit auf. Der Unternehmer Wilhelm Vedder gilt als ihr Pionier. Dank des Hafens und der günstigen Wasserwegeverbindung wird Duisburg zu einem Zentrum der deutschen Mühlenindustrie, zum "Brotkorb" der Region. Das Getreide kommt aus Südrussland, Hauptabnehmer ist das rapide wachsende Ruhrgebiet, das zuvor immer wieder unter Versorgungsengpässen leiden musste.

Beiderseits des Hafenbeckens schießen moderne Mühlenbetriebe in die Höhe; im Jahr werden bis zu eine Millionen Tonnen Getreide umgeschlagen. Zwischen 1908 und 1916 wird schließlich an der Südseite des Hafens die spätere Küppersmühle, ein dreiflügeliges Mühlengebäude mit Kesselhaus und Schornstein, errichtet. Ab 1912 sind die Werke Werner & Nicola die Betreiber, die die angrenzenden Stahlsilos in den 1930er Jahren errichten. Erst nach dem Krieg, 1969, erfolgt die Fusion mit den Homberger Küpperswerken auf der linken Rheinseite, die der Mühle wie später dem Museum ihren Namen geben. Bis Anfang der 1970er Jahre lagerte noch Getreide im Backsteingebäude, doch ist die Zeit der Mühlen und damit des Innenhafens als einem Ort der Industrie passé.

Die IBA Emscher Park mit den Ideen Karl Gansers und ein späterer Masterplan von Norman Foster leiten die Umwandlung der Industriebrache des Innenhafens in einen Multifunktionsort ein. Die Küppersmühle wird dabei der kulturelle Stern. Herzog & de Meuron verwandeln  den Speicher in ein dreigeschossiges Ausstellungsgebäude mit insgesamt 3.600 m2 Fläche für die Kunst. Einzelne Decken werden herausgenommen, die Fenster vermauert, während an anderer Stelle lange vertikale Fensterbänder in die Ziegelfassade eingeschnitten werden. Zur architektonischen Attraktion wird das aus einem Guss ausgeführte Treppenhaus aus rotem Sichtbeton, das der Südfassade des Backsteinspeichers vorgestellt wird. 

Der Umbau ist zu Recht viel gelobt worden. Die Schweizer hatten wie bei ihren Museumsbauten in London (Tate Modern) oder in Madrid (Caixa-Forum) viel Gespür bei der Erneuerung und dem Umbau von  Industriebauten  bewiesen und dabei nicht den Kontrast von Alt und Neu betont, sondern einer auch visuell subtilen Form des an den Bestand angepassten Weiterbaus Ausdruck gegeben. Nach dem Einzug der Kunstsammlung Ströher war die Küppersmühle gar zu einem Vorzeigeobjekt geworden. "Der Ort", so Walter Smerling, dessen 1986 gegründete Stiftung Kunst und Kultur e.V. das Museum betreibt, "ist von einer früheren No-Go-Area in Duisburg zu einem Kunstort geworden, der mit seiner umfassenden Sammlung deutscher Kunst der Nachkriegszeit ein Alleinstellungsmerkmal in ganz Deutschland besitzt." Die vier jährlichen Ausstellungen finden den Zuspruch von mehr als 30.000 Menschen im Jahr – "keine Selbstverständlichkeit für Duisburg", meint Smerling.

Zum Fiasko gerieten hingegen die Pläne zur Erweiterung, die mit Blick auf die Kulturhauptstadt Ruhr.2010 allzu ehrgeizig ausgefallen waren. Die Idee, eine quaderförmige Stahlkonstruktion, die von einem teiltransparenten Spezialfolie umhüllt werden sollte, zum Teil schwebend in 36 Meter Höhe auf dem Silos aufzusetzen, scheiterte krachend. Schuld war in erster Linie die Arbeit der ausführenden Baufirmen. Der Stahlrahmen des Kubus wurde fehlerhaft geschweißt, der Bauherr (die landeseigene GEBAG) stand infolge des Baustopps und der gestiegenen Kosten vor dem Finanzkollaps.  Nach erheblichen Gesamtschäden für das Unternehmen verzichtete man auf die weitere Umsetzung; das Museum wurde an das Ehepaar Ströher, für deren Sammlung der Erweiterungsbau geplant war, verkauft.

Neue Überlegungen und Machbarkeitsstudien folgten. Sie mündeten schließlich in en aktuellen  Erweiterungsbau. Die bestehende Hafenlinie wird auch in der Höhe angepasst und durch einen aus drei Baukörpern bestehenden Anbau weitergeführt, die miteinander verbunden werden. "The dimensions and materials accord with the sequence of historic brick structures lining the dockside", schreiben die Architekten. Erstmals sollen auch die Stahlsilos (teilweise) mit Kunst bespielt werden. So deutet sich nach früheren Höhenflügen eine neue Form von Augenmaß und Bescheidenheit an, die wieder stärker auf die historische Anmutung denn auf spektakuläre Bauformen setzt. Vielleicht nicht die schlechteste Lösung für die in den letzten Jahren nicht vom Glück verwöhnte Stadt.

Die Küppersmühle findet sich natürlich auf baukunst-nrw.

Teilen via