3. „Wohnungsbautag NRW“: Flüchtlingen helfen - Geförderten Wohnungsbau stärken!

Eine schnelle, aber nachhaltig angelegte Stärkung des geförderten Wohnungsbaus in Nordrhein-Westfalen ist dringend notwendig, um den Flüchtlingen, die aktuell zu uns kommen, zu helfen und um Migrantinnen und Migranten in die Gesellschaft integrieren zu können. Das erklärte die Aktion „Impulse für den Wohnungsbau NRW“ auf dem 3. Wohnungsbautag in Düsseldorf am 29. September.

29. September 2015von Christof Rose

„Wir müssen zügig handeln, aber nicht billig bauen“, sagte Lutz Pollmann, der Sprecher der Aktion. Wichtig sei es, jetzt zeitnah preiswerten, aber qualitätvollen Wohnraum zu schaffen, der dauerhaft eine Entspannung für den nordrhein-westfälischen Wohnungsmarkt bringen könne. Um die Baukosten nicht weiter wachsen zu lassen, müssten Verordnungen und Normen, die immer strengere Auflagen an Planer und Investoren richteten, auf den Prüfstand.

„Wir sind gefordert, in dieser besonderen Situation auch unkonventionelle Wege zu gehen“, erklärte auch Michael von der Mühlen, Staatssekretär im nordrhein-westfälischen Bauministerium. Er hielt es für denkbar, bei Neubauten für Flüchtlinge etwa auf Stellplatznachweise oder Balkone zu verzichten - solange planerisch sichergestellt sei, dass hier entsprechende Nachrüstungen zu einem späteren Zeitpunkt möglich sind. „Wir dürfen unser bewährtes Konzept des integrierten Wohnungsbaus in dieser Situation nicht aufgeben“, warnte der Staatssekretär. Nordrhein-Westfalen müsse weiterhin darauf achten, dass Probleme der Ghettobildung oder Strukturen wie in einigen französischen Banlieues hierzulande dauerhaft vermieden werden. Helfen soll dabei auch ein spezielles Förderprogramm, das für den Bau von Flüchtlingsunterkünften abgerufen werden könne.

Das Bauen in Deutschland ist in der Tat in den vergangenen Jahren immer teurer und komplizierter geworden. Dr. Ronald Rast von der Bundesinitiative „Impulse für den Wohnungsbau“ zitierte aus der im Mai 2015 veröffentlichten Studie „Kostentreiber für den Wohnungsbau“. Diese weist nach, dass auf Bundesebene die Baukosten für den Neubau von Mehrfamilienhäusern seit dem Jahr 2000 um nahezu 40 Prozent gestiegen sind. „Die Gründe dafür liegen in staatlichen Regulierungen, gestiegenen Steuern und immer anspruchsvolleren Materialanforderungen“, referierte Dr. Rast.

Nach Überzeugung der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau NRW“ ist es jetzt dringend geboten, Auflagen beispielsweise zum energetisch optimierten Bauen oder Anforderungen an eine umfassende Barrierefreiheit kritisch zu hinterfragen. „Solche Vorgaben sollten im Einzelfall auf ihre Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit geprüft werden“, empfahl Ernst Uhing, der Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen. Lutz Pollmann für das Aktionsbündnis. „Wichtig ist, dass jetzt Anreize für Investoren geschaffen werden, in den Wohnungsbau zu investieren – auch und gerade in den geförderten Wohnungsbau.“

Angesichts der starken Zuwanderung kommt nach Überzeugung der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau NRW“ dem preisgebundenen Wohnungsbau sogar Schlüsselrolle zu, wenn es darum geht, funktionsfähige Wohnungsmärkte in NRW zu gewährleisten. „Wir benötigen einen fulminanten Neustart, ja eine echte Renaissance, des sozialen Wohnungsbaus in Deutschland“, unterstrich Impulse-Sprecher Lutz Pollmann in der Pressekonferenz.

Um das zu erreichen, forderte die Aktion „Impulse für den Wohnungsbau NRW“ auf ihrem dritten Wohnungsbautag in Düsseldorf die Bundesregierung auf, endlich eine sachgerechte Anhebung der linearen Abschreibung auf den Weg zu bringen. Ergänzt werden sollte diese durch eine auf Ballungsgebiete regional und temporär auf fünf Jahre begrenzte 1 %-Sonder-Afa für die Erstellung bezahlbaren Wohnraums.

Michael Neitzel von der InWIS Forschung & Beratung in Bochum berichtete aus der Arbeit der Baukostensenkungskommission, die auf Bundesebene im Auftrag des Bundesbauministeriums nach Lösungen für einen kostensparenderen und effizienteren Bauprozess sucht – unter anderem unter Beteiligung der Bundesarchitektenkammer. Es fehlten in Deutschland weiterhin 350 000 bis 400 000 Wohneinheiten, und zwar im Jahr. Da vor allem die Kosten für die technische Gebäudeausstattung in den vergangenen 15 Jahren rasant gestiegen seien, werde ein Ansatzpunkt darin gesehen, hier durch Vereinheitlichung und Standardisierung zu einer Kostensenkung zu gelangen. Auch eine Reduktion von Normen und Vorschriften sei im Bausektor dringend geboten. „Wir müssen in diesem Bereich mehr als 20 000 Regelungen beachten – das kann kein Mensch leisten. Und kleine und mittlere Architekturbüros auch nicht“, erklärte Michael Neitzel. Die Baukostensteigerungen von mehr als 40 Prozent hätten sich darüber hinaus hauptsächlich durch höhere Materialkosten (+ 30 %), insbesondere für Metalle (+ 50 %), sowie für die Ausbaugewerke (+ 54 %) ergeben.

Die Aktion „Impulse für den Wohnungsbau NRW“ empfahl den anwesenden Vertretern der Landespolitik und der Bauverwaltung, nun intensiv zu prüfen, inwiefern der Verzicht auf oder das temporäre Aussetzen von aktuellen Standards und Normen im Wohnungsbau zusätzliche Anstoßwirkungen für Investitionen entfalten kann. Dies gelte insbesondere für das geplante Inkrafttreten der EnEV 2016.

In einer abschließenden Diskussionsrunde stellten Vertreter der in der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau NRW“ organisierten Organisationen und Institutionen ihre Erkenntnisse dazu dar, warum die Baukosten in den vergangenen Jahren so stark gestiegen sind. Dazu gehöre insbesondere die Erhöhung der Grunderwerbsteuer in NRW, die Vorgaben der Energieeinsparverordnung sowie weiter steigende Anforderungen an die Barrierefreiheit von Wohngebäuden.

<link file:21252 file>Vortrag: Kostentreiber für den Wohnungsbau Dr. Ronald Rast

<link file:21251 file>Vortrag: Baukosten senken - aber wie? Dipl.-Ökonom Michael Neitzel

<link file:21250 file>Vortrag: BMUB - Perspektiven für preisgünstiges Bauen und Wohnen Dipl.-Ökonom Michael Neitzel

Forderungspapier der Aktion "Impulse für den Wohnungsbau": Baukosten in NRW (PDF)

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