Ausstellung im Haus der Architekten

Ausstellung: Die Medien der Architektur

Auch wenn die physische Existenz von Bauwerken außer Zweifel steht, so kann Architektur doch nicht ohne Medien gedacht, entworfen, realisiert und genutzt werden. Publikationen, Fotografie und Film, genauso wie das geschriebene und gesprochene Wort, beeinflussen entscheidend unsere Rezeption von Architektur und damit unsere Architekturkonzepte. Die unterschiedlichen Methoden des Zeichnens, Schreibens, Rechnens und Modellierens bedingen zahlreiche Vorannahmen und Festlegungen, die die Bandbreite möglicher Ergebnisse beschränken und den Entwurf in eine bestimmte Richtung führen.

18. Juni 2008von Prof. Wolfgang Sonne / Sonja Hnilica / Regina Wittmann

Der Begriff „Medien“ ist in den letzten Jahrzehnten zu einer epistemologischen Schlüsselkategorie avanciert, die sowohl im kulturellen, gesellschaftlichen als auch wissenschaftlichen Diskurs als relevant gilt; sie ist auch in der Architektur nicht mehr wegzudenken. Dabei bleibt der Begriff bemerkenswert schwer zu fassen; er kann auf das Material abzielen, auf physische Eigenschaften, Technologien oder Funktionen.  Aufgrund dieser unterschiedlichen Bedeutungsebenen ist auch das Verhältnis zwischen Medien, Bauwerken und Architektur umstritten. Es scheint, dass ein Architekturwerk nicht notwendigerweise mit dem physischen Bauwerk identisch sein muss. Wenn Architektur ein Konzept ist, das innerhalb des Architekturdiskurses konstruiert wird, dann sind Bauwerke nur ein Medium unter anderen, um Architektur auszudrücken. In der Moderne haben sich auch Ausstellungen als wichtiges Medium der Architektur etabliert.

Architekturrezeption ist medienabhängig

Wer Architektur hört, denkt zunächst einmal an Gebäude. Doch so sehr wir alltäglich von Gebäuden umgeben sind, so selten sind uns Gebäude, die uns beschäftigen, unmittelbar gegenwärtig. Sie sind uns zumeist auf vielfältigste Weisen vermittelt: durch Bilder, Modelle, Texte und andere Darstellungsweisen. Manche ziehen deshalb gar den Kurzschluss, dass die Medien das Eigentliche seien, und konzipieren eine „Medienarchitektur“. Andere wiederum streben die Wirkung des „Baus an sich“ an. Die Ausstellung „Die Medien der Architektur“, die mit einer Vernissage am 19. Juni im „Haus der Architekten“ in Düsseldorf eröffnet wird, vertritt eine dritte, nicht-reduktive Position: So wenig sich die physische Existenz von Gebäuden leugnen lässt, so sehr kann auch kein Gebäude ohne Medien entstehen, genutzt und verstanden werden.Darstellungsformen prägen Verständnis

Jeder komplexere Entwurfs- und Bauprozess bedarf seit je einer Vielzahl von Darstellungsmedien. Schon Vitruv nannte etwa die zeichnerischen Darstellungsformen ichnographia, orthographia und scaenographia sowie mathematische und sprachliche Ausdrucksweisen, ohne die kein größerer Bau errichtet werden kann. Auch der Nutzungs- und Interpretationsprozess ist von einer Vielzahl medialer Darstellungen begleitet: Kritik, Rhetorik, Fotografie, Film, Internet, Karikatur, historische Erzählung und andere Vermittlungsweisen prägen unser Verständnis der gebauten Umwelt. Gebäude und ihre Medien sind also wechselseitig aufeinander bezogen und voneinander abhängig.

Die eigentliche Frage ist daher nicht, ob dem Gebäude oder seinen unterschiedlichen Darstellungsweisen der Vorrang in der Architektur gebührt. Sie lautet vielmehr: In welcher Weise beziehen sich Bau und Medien aufeinander? Dabei fällt sofort auf, dass es auf Grund der Vielfalt medialer Darstellungsweisen nicht eine einzige Bezugsweise geben kann. Die weiteren Fragen lauten deshalb: Welche spezifischen Eigenschaften haben unterschiedliche Medien im Verhältnis zum Bau? Wie bezieht sich etwa eine Zeichnung auf ein Gebäude im Unterschied zu einer Beschreibung? Welche spezifischen Eigenschaften des Baus wiederum werden durch bestimmte Medien beschrieben? Welche Funktionen hat der Einsatz des jeweils spezifischen Mediums – wirkt es konstruierend, abbildend, erläuternd, interpretierend oder propagierend?Architektur ist ein visuelles Geschäft

Indem unsere Ausstellung den Blick von den Bauten auf deren mediale Repräsentationen lenkt, scheint sie sich von der Architektur selbst fortzubewegen. Doch lassen sich nicht gerade durch eine genaue Analyse der Wirkungsweisen architektonischer Medien präzisere Rückschlüsse auf das Wesen der Architektur ziehen? So kann etwa das auffällige Übergewicht visueller Medien verdeutlichen, dass Architektur ganz wesentlich ein visuelles Geschäft ist. Andererseits wird aus der hohen Relevanz sprachlicher Repräsentationen deutlich, dass Architektur ganz wesentlich eine intelligible Seite hat: Theoretische und historische Zusammenhänge werden vor allem sprachlich zum Ausdruck gebracht; ebenso ist die Behandlung gesellschaftlicher, politischer, ökonomischer und kultureller Bezüge auf Sprache angewiesen. Durch das Medium der Sprache wird es möglich, Architektur in argumentative Zusammenhänge zu stellen.

Zu solchen Fragen und Gedanken will die Ausstellung im Haus der Architekten anregen. Indem die einzelnen Medien der Architektur wie auf dem Seziertisch zerlegt präsentiert werden, sollen ihre Besonderheiten erfahrbar werden. Indem die Vielfalt architektonischer Medien präsentiert wird, soll die Vielfalt der Aspekte der Architektur anschaulich werden. Und indem Architektur als komplexes und vielfältiges Gebiet erkannt wird, bei dem keiner seiner wesentlichen Aspekte ungestraft vernachlässigt werden kann, sollen die Qualitätsansprüche an unsere gebaute Umwelt gehoben werden. So hat diese theoretische und historische Ausstellung einen ganz praktischen und zukunftsgerichteten Zweck. Nur eine Architektur, die die Vielfalt ihrer Aspekte berücksichtigt, ist gute Architektur. Und diese Vielfalt spiegelt sich in der Vielfalt ihrer Medien.INFO:

  • Die Ausstellung "Die Medien der Architektur" wurde kuratiert von Wolfgang Sonne, Sonja Hnilica und Regina Wittmann vom Lehrstuhl GTA Geschichte und Theorie der Architektur, Fakultät Bauwesen der Technischen Universität Dortmund. Sie wurde in Rahmen eines Seminars unter Beteiligung von Studierenden konzipiert. Alle Teilnehmenden bearbeitete jeweils ein Medium, sichteten Dokumente im Archiv und wählten Exponate aus. 
  • Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen: Sonja Hnilica, Wolfgang Sonne, Regina Wittmann (Hg.), Die Medien der Architektur. Eine Ausstellung des A:AI Archiv für Architektur und Ingenieurbaukunst NRW, Dortmund 2007, 64 S., zahlr. Abb., ISBN-10: 3-88364-090-5, ISBN-13: 978-3-88364-090-7
  • Die Ausstellung ist vom 20. Juni bis 31. Juli 2008 im Haus der Architekten (Zollhof 1, Düsseldorf-Medienhafen) zu sehen. Öffnungszeiten: Mo - Fr 8.00 - 17.00, Eintritt frei. Die Vernissage findet statt am 19. Juni, 18.00 Uhr.

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