Einfamilienhaus mit Zukunft?
Einfamilienhäuser sind in Deutschland der häufigste Wohnhaustypus. Jedem dritten Haushalt (30 Prozent, destatis) gehört ein EFH. Im Jahr 2019 waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zwei Drittel (66,7 %) aller Wohngebäude Einfamilienhäuser; zusammen mit Zweifamilienhäusern betrug der Anteil sogar 83 Prozent. „Das zukunftsfähige Einfamilienhaus?“ lautet der Titel des 13. Gestaltungspreises der Wüstenrot Stiftung, der bewusst als Frage formuliert ist. Die zugehörige Wanderausstellung, in der die besten Lösungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie weitere gute Ansätze vorgestellt werden, ist aktuell in der Architektenkammer NRW zu sehen.
„Die Häuser, über die wir diskutieren müssen, sind bereits da“, betonte Ernst Uhing, der Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, auf der Vernissage am 7. Februar in Düsseldorf. „Wir müssen den großen Bestand an Einfamilienhäusern zukunftsfähig weiterentwickeln!“ Flächen- und Materialverbrauch, Heizaufwand und Unterbelegung, problematische Siedlungsstruktur: Der Typus Einfamilienhaus werde heute zu Recht kritisch hinterfragt, führte Uhing aus. „Allen Kritikpunkten zum Trotz ist das Eigenheim beliebt und stellt für viele Menschen den Wohntraum schlechthin dar“, stellte aber Dr. René Hartmann von der Wüstenrot Stiftung fest. Einfamilienhäuser seien „fester Bestandteil unserer gebauten Umwelt und Wohnkultur“. Der 13. Gestaltungspreis habe sich deshalb vorgenommen, zu diskutieren, ob es nicht auch gute, „zukunftsfähige“ Lösungen für diese Bauaufgabe geben kann.
Mit dem Wettbewerbsthema „Das zukunftsfähige Einfamilienhaus?“ verbindet die Wüstenrot Stiftung architektonische, planerische und gesellschaftliche Zukunftsthemen: Wie können Einfamilienhäuser - in Neubau und Bestand - (um)gestaltet und dem Lebenszyklus sowie den wechselnden Anforderungen der Bewohnerinnen und Bewohner angepasst werden? Wie können sie dem demografischen Wandel, dem steigenden Umweltbewusstsein und den Anforderungen an die Energieeffizienz gerecht werden? Wie kann eine flächensensible Gestaltung und Bebauung gelingen?
Das Einfamilienhaus werde auf absehbare Zeit eine wichtige Wohnform in Deutschland bleiben, prognostizierte Kammerpräsident Ernst Uhing. „Mit der Ausstellung wollen wir Fragen aufwerfen, diskutieren und innovative Lösungsansätze präsentieren.“ Es gehe um klimagerechte Bauweise, Vielfalt in der Typologie und Flexibilität in der Nutzung. „Für all das brauchen wir gute Lösungen mit großer Überzeugungskraft.“
Der 13. Gestaltungspreis der Wüstenrot Stiftung spürte unter diesen Aspekten beispielhafte Einfamilienhäuser auf, die eine zukunftsfähige Form repräsentieren und damit den hohen Anforderungen und Maßstäben unserer Zeit entsprechen. Unter 189 Einsendungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wählte eine unabhängige Jury 15 ganz unterschiedliche Objekte für die engere Wahl aus, die bereist wurden und mit deren Bau-herrenschaft vor Ort gesprochen wurde. Drei Gestaltungspreise wurde schließlich vergeben, dazu sieben Anerkennungen und fünf weitere Objekte als „engere Wahl“ gewürdigt. Aus Nordrhein-Westfalen wurden drei innovative Einfamilienhäuser gewürdigt.
Auf der Vernissage stellte die Architektin Medine Altiok (Zürich/Aachen), die Mitglied der Jury zum 13. Gestaltungspreis war, einige eigene Arbeiten und Thesen zur Zukunft des Einfamilienhauses vor. „Mich interessiert vor allem der soziale Aspekt des Wohnens und von Wohntypen“, führte Medine Altiok in ihre (auch wissenschaftliche) Arbeit ein. So habe sie an der ETH Zürich ein Studierendenprojekt durchgeführt, bei dem es darum ging, in einem internationalen Vergleich Wohnformen auf kleinen Grundstücken zu analysieren – von Tokio über London bis Sao Paulo. Herausgefiltert wurden lokale Bauweisen, Grundrisstypologien sowie die Verbindung von Wohnen und Arbeiten.
Für den Wettbewerb „Honswerkstatt“ in Remscheid 2022 wurden Beiträge für die Montag-Stiftung aus Bonn gesucht, die Arbeiten und Wohnen verbinden. Aspekte des experimentellen Bauens waren zirkuläres Bauen und Materialisierung, der Einsatz von Reuse-Elementen und Recyclingholz sowie die Nutzung von Solarschindeln. Zudem verband der Grundriss eine Werkstattfläche für multifunktionale Nutzungen mit gemeinschaftlichen Wohnformen. „Vieles davon lässt sich auch im Einfamilienhausbau umsetzen“, betonte Medine Altiok. Auch sie erklärte, dass Vieles schon im Bestand vorhanden sei. „Zukunftsfähig muss heißen, das Vorhandene für kommende Generationen nutzbar zu halten“, so die Architektin, die gegenwärtig an der RWTH Aachen promoviert. Nach ihrer Überzeugung muss über das eigentliche EFH hinaus gedacht werden: „Was kann ein Gebäude für die Umgebung bedeuten, was kann es zur Nachbarschaft beitragen“, lautete eine ihrer Leitfragen. „Wir als Menschen haben Potenzial, um zukunftsfähiger zu werden“, sagte Medine Altiok. Der Mensch sei anpassungsfähig – und könne auch mit ungewöhnlichen Grundstücken, Grundrissen und Materialien umgehen.
Der 13. Gestaltungspreis der Wüstenrot Stiftung spürte unter diesen Aspekten beispielhafte Einfamilienhäuser auf, die eine zukunftsfähige Form repräsentieren und damit den hohen Anforderungen und Maßstäben unserer Zeit entsprechen. Unter 189 Einsendungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wählte eine unabhängige Jury insgesamt fünfzehn Projekte aus, die als preiswürdig erachtet wurden. Die Wanderausstellung zeigt die ausgezeichneten Projekte zusammen mit den Einsendungen der engeren Wahl und weiteren bemerkenswerten Beispielen.
Der Katalog zum 13. Gestaltungspreis kann kostenlos abge-rufen werden unter www.wuestenrot-stiftung.de
Teilen via