Serie

Emil Moog (1873 - 1954): Das Dortmunder U - Zeichenhaft und funktional

Rückblickend auf das ereignisreiche Jahr der Kulturhauptstadt RUHR.2010 legt hier ein Gebäude ein großes Zeugnis der Industriekultur ab und erfährt in seiner Umnutzung den Status „Leuchtturmprojekt des Ruhrgebiets“ im wahrsten Sinne des Wortes: Ein Solitär mit Symbolkraft - überhöht durch eine zeichenhaft-inszenierte Typographie und ein kinetisches Lichtkonzept - als weithin sichtbare „Lichtkrone“. Die Rede ist vom Dortmunder „U“. Es entstand in den Jahren 1926 und 1927 als erstes „Hochhaus “ Dortmunds nach Plänen des Dortmunder Ingenieurs Emil Moog. - Ein Betrag in unserer Reihe „Retrospektive: Bedeutsame Architekten in NRW“.

06. Januar 2011von Willi Landers

Emil Moog hat mit diesem Gebäude ein Meisterwerk deutscher Ingenieurbaukunst hinterlassen; ein Bauwerk, das sich überdies in seiner jüngeren Geschichte vom industriellen Zweckbau zu einem Wahrzeichen der westfälischen Industriekultur entwickelt hat. Der Umbau und die Arrondierung des Solitärs durch das Büro Prof. Gerber in Dortmund sowie ein aktueller Investorenwettbewerb thematisieren nun die Weiterentwicklung des gesamten Areals sowie der angrenzenden Baufelder – auch mit dem Ziel, den prägnanten Solitärbau weiter in Szene zu stellen und zu würdigen.

Die biographischen Daten Emil Moogs sind durch zerstörte Archive im 2.Weltkriegs nur sehr spärlich erhalten. Demgegenüber ist der zeichnerische Nachlass Emil Moogs allerdings im Besonderen ein Zeugnis des interdisziplinären Wirkens im Ingenieurwesen und in der Architektur - also auch des Strebens nach Lösungen von Bauaufgaben mit sehr hohen gestalterischen Ansprüchen unter den neu geschaffenen bautechnischen Rahmenbedingungen.

Zur Person Emil Moogs
Emil Moog war von 1902 bis mindestens 1934 selbstständig tätig in Dortmund. 1927 nannte er sein Büro
„Technisches Spezialbüro für Brauerei-Anlagen, Pläne, Bauleitung, Taxen, Beratung, Gutachten, gegr. 1902, 1a Referenzen“. Emil Moog war unter anderem Mitglied der Reichskammer der bildenden Künste. Für einen Teil des baulichen Oeuvres ist die Mitwirkung bekannter Architekten überliefert,  u. a. von Emil Fahrenkamp. Gerade in der Zusammenarbeit mit den Protagonisten der 1920er Jahre war Moog am Puls seiner Zeit. Überraschend ist daher, dass Emil Moog in einer eigenen Publikation (1927) diese Miturheberschaften der architektonischen Ausgestaltung mitunter schlichtweg unterschlägt. Welche Aussage dies über Moogs Selbstverständnis, also seine Positionsbestimmung zwischen Architekt und Bauingenieur erlaubt, ist nicht eindeutig zu bestimmen. Doch ist in seiner baulichen Stilhaltung und konstruktiven Tektonik an verschiedenen vergleichbaren Bauaufgaben eine sehr systematische Herangehensweise lesbar. Mit diesen - im positiven Sinne -„angepassten“ Planungen (z. B. Typologie der Kellerhochhäuser) knüpfte Emil Moog eine „Kette“ regional wie international geprägter Bauwerke im Kontext der allgemeinen Architekturentwicklung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Verwebung von Ingenieurbauwesen und Architektur
Dies spiegelt natürlich auch die ganz allgemeine Tendenz der Verwebung von Ingenieurbauwesen und Architektur wider. Der kontinuierlichen Arbeit Moogs an ästhetischen Funktionsbauten im Ruhrgebiet liegt die Beauftragung durch große Wirtschaftsunternehmen wie beispielsweise der Großbrauereien zu Grunde.

Schon seit 1907 war Moog in Dortmund tätig, wo er zunächst ein neues Sudhaus, dann ebenfalls ein Verwaltungsgebäude und weitere Neubauten errichtete. Zu den vielen bekannten Referenzen gehören auf nationaler wie internationaler Ebene die Königsbrauerei in Duisburg und die Brauerei de la Moja im spanischen Cordoba. 1927 wurde nach Plänen Emil Moogs der Auerbachs Keller in Leipzig umgebaut - eine der bekanntesten Lokalitäten der Welt.

Das "Dortmunder U" - ein Meisterwerk deutscher Ingenieurbaukunst
Im Jahr 1926 wurde unter der Leitung von Emil Moog der Bau des Kellerhochhauses der Dortmunder Union Brauerei begonnen, das nur nach 14 Monaten Bauzeit bereits 1927 in Betrieb genommen werden konnte. Als „Dortmunder U“ oder „U-Turm“ bezeichnet man das ehemalige Gär- und Lagerhochhaus der Union-Brauerei. Das eigentlich mehrteilige Gebäude wurde als Stahlbetonbau erbaut und steht auf 40 Pfeilern. Der gesamte Grundriss ist polygonal organisiert. Der Hauptturm wird von einem zweistufigen, gitterförmigen Aufbau bekrönt. Auf dem Dach prangt seit 1968 das vierfache, neun Meter hohe, beleuchtete, goldene „U“ als Firmenzeichen der Union Brauerei. Das Gebäude blickt nach 82 Jahren seines Bestehens einer neuen Nutzung als Zentrum für Kunst und Kreativität entgegen. Noch bis Mitte der 1990er Jahre wurde in dem Gebäude Bier produziert; daher symbolisiert das „U“ nicht nur einen Strukturwandel, sondern auch ein wichtiges Kapitel der Dortmunder Wirtschaftsgeschichte.

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