Entwicklungshilfe statt Büroalltag
Ein kleines Büro in der ersten Rathausetage: Auf dem Schreibtisch liegt eine Papier-Unterlage. Darüber schwebt eine graue Schreibtischlampe. Rechts steht der Computertisch. Büropflanzen auf der Fensterbank, ein Aktenschrank neben der Tür, Baupläne an der Wand – das ist der Arbeitsplatz von Lilo Langen in Euskirchen. Doch den wird die 49-jährige Architektin für ein halbes Jahr verlassen. Lilo Langen reist nach Tansania, um im Dorf Sambarai, nahe der kenianischen Grenze, den Aufbau einer medizinischen Ambulanz zu koordinieren.
Frau Langen, wieso ausgerechnet Afrika?
Lilo Langen: Nach mehreren Studienreisen und Urlauben habe ich im Laufe der Jahre eine Leidenschaft für diesen Kontinent entwickelt. Ich habe Freunde in Tansania und halte regelmäßig Kontakt zu einer Familie dort. Als vergangenes Jahr die Mutter dieser Familie starb, weil kein Krankenhaus in der Nähe war, war ich schockiert – und habe beschlossen: Irgendwas musst Du tun. Du musst helfen!
War da schon klar, dass Sie von Ihrer Tätigkeit im Bauaufsichtsamt Euskirchen eine Auszeit nehmen wollen?
Ja, das wusste ich da schon. Und klar war mir da auch schon, dass ich mich während dieser Auszeit auf jeden Fall mit etwas Sinnvollem beschäftigen wollte. Es ging nicht einfach nur darum Urlaub zu machen. Ich hatte von Anfang an den Plan, ein Stück aus der Routine auszubrechen, neue Erfahrungen zu sammeln.
Wie sind Sie auf das Projekt in Sambarai gestoßen? Das ist ja nicht der Ort, in dem ihre Freunde leben.
Nein, das stimmt. Ich habe systematisch re-cherchiert. Ich wollte bei einem Projekt mitar-beiten, bei dem mein Fachwissen als Archi-tektin gebraucht wird. Über die Kirchenge-meinde Euskirchen, die schon Kontakte nach Sambarai hatte, habe ich dann davon erfahren, dass dort vor Jahren einmal mit dem Bau einer Krankenstation begonnen wurde, diese aber nie fertig gestellt wurde, weil das Geld ausgegangen war.
Und dann haben Sie sich entschieden, die Bauleitung dort in die Hand zu nehmen?
Nein. Erstmal musste das Ganze auf eine ordentliche Basis gestellt werden. Ich benötigte eine Hilfsorganisation, die mit hinter dem Projekt steht – schon wegen der Spendensammlung. Bei Eifel-Aid und dem Deutschen Roten Kreuz im Kreis Euskirchen hat man so ein Projekt schon mal in Sri Lanka begleitet. Dort war man bereit zur Unterstützung.
Was hat Ihr Arbeitgeber gesagt, als Sie ihn über Ihr Vorhaben informiert haben?
Es ist schon genau überlegt worden, ob und wie man mir die Auszeit ermöglichen kann. Wir haben die Lösung gefunden, dass ich ein halbes Jahr in Vollzeit gearbeitet, aber nur die Hälfte meines Gehalts bezogen habe. Die andere Hälfte bekomme ich in der zweiten Jahreshälfte ausgezahlt. So ist mein Konto gedeckt. In Afrika arbeite ich natürlich ehrenamtlich.
Welche Arbeitsbedingungen erwarten Sie in Sambarai?
Natürlich völlig andere als in Europa. Gut ist, dass ich im Ort die dortige Kirchengemeinde, also den Pfarrer, an meiner Seite habe. Das vereinfacht natürlich Verhandlungen beispielsweise mit Handwerkern. Dennoch erwarte ich, dass die Bauleitung alles andere als einfach wird – zumal für mich als Frau. Soweit ich weiß, existieren auch keine Pläne und Akten für das Gebäude. Das heißt, ich muss erstmal neue Pläne erstellen und mir dann einen Überblick über die notwendigen Arbeiten verschaffen.
Klingt nach einer ordentlichen Herausforderung.
Ja, aber genau das will ich ja. Das ist spannend. Die Bauleitung ist doch der beste Teil am Architektenberuf. Man ist, wenn man will, mittendrin im Geschehen. Interessant wird auch das Arbeiten mit den dort typischen Werkstoffen. Wir werden beispielsweise Lehmputz verwenden. Insgesamt gehe ich davon aus, dass ich viele wertvolle Erfahrungen mache - und viel dazu lernen.
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