Innenarchitektentag 2009 der Architektenkammer NRW im Rahmen der INTERZUM in Köln

Innenarchitektentag 2009: Kulissen!

„Fast 15 Prozent unserer Kolleginnen und Kollegen sind heute hier versammelt - das ist eine überwältigende Resonanz!“ Martin Müller, Vorstandsmitglied der AKNW und Vorsitzender des Kammerausschusses Innenarchitekten, konnte den Innenarchitektentag 2009 der Architektenkammer NRW vor großem Publikum eröffnen. Die Kammer hatte in Kooperation mit der KölnMesse auf die Fachmesse „Interzum“ eingeladen. Thematisch befasste sich der Innenarchitektentag mit „Kulissen“.

22. Mai 2009von Christof Rose

Mit den „Wohn- und Lebenswelten in Film und Fernsehen“ befasste sich dann auch der zentrale Vortrag, den die Szenenbildnerin Vera de Byl und der Soziologe Prof. Dr. Dr. h. c. Stefan Hradil von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz gemeinsam hielten. Auf ebenso interessante wie kurzweilige Art analysierte Vera de Byl die älteste deutsche Fernseh-Soap „Lindenstraße“ unter der Fragestellung, welche Wohnungstypen in der WDR-Produktion präsentiert werden und was die Fernseh-Wohnungen über ihre Bewohner aussagen sollen. „Die ‚Lindenstraße‘ versammelt viele Typen sozusagen in Reinform“, meinte die Szenenbildnerin. „Vom spießigen Kleinbürgertum der Familie Beimer über die jung-flippige WG bis zum gehobenen Stilbewusstsein der Wohnung Dr. Dressler sind viele Milieus klassisch dargestellt.“

Stefan Hradil ergänzte die Bemerkungen von Vera de Byl um einige grundlegende aktuelle Forschungsergebnisse zum Thema Lebensformen/Lebenswelten. „Die Standardfamilie ist zwar auf dem Rückzug - man darf das aber nicht überinterpretieren. Die Familie bleibt auf absehbare Zeit die weitaus am häufigsten praktizierte Lebensform im mittleren Alterssegment“, betonte der Soziologe. Für Architekten und Innenarchitekten sei es aber auch wichtig zu wissen, dass in Großstädten mittlerweile mehr als die Hälfte der Haushalte aus nur einer Person besteht. Zudem konstatiere die Sozialforschung eine stärkere Schichtung der Gesellschaft: Die Mittelschicht schrumpft, an den Rändern nehmen aber sowohl die ärmeren als auch die reicheren Bevölkerungsschichten zu.Insgesamt seien Lebensläufe heute in verschiedene Lebensabschnitte unterteilt. „Das war noch vor einer Generation anders“, hob Stefan Hradil hervor. Neben den klassischen Phasen Kindheit, Ausbildung, Arbeit, Alter seien die Postadoleszenz und die jungen Alten als Lebensform neu entstanden, für die der Wohnungsmarkt oftmals noch keine zufriedenstellenden Angebote bereit halte.

Ein weiteres Thema des Innenarchitektentages 2009 war die Inszenierung von Raum mittels Licht. Die Lichtkünstlerin Sabine Weissinger aus Tübingen und ihr Partner Friedrich Foerster stellten aktuelle Arbeiten vor, in denen sie Großbauwerke von den Pyramiden von Gizeh über die National Gallery in London bis zum Kölner Dom durch Lichtprojektionen auf Innen- und Außenräume verfremdet haben. „Wir wollen Architektur inszenieren, neu erlebbar machen, auch künstlerisch überformen“, erläuterte Sabine Weissinger (www.casamagica.de).

Der Präsident der Architektenkammer NRW, Hartmut Miksch, nutzte die Veranstaltung auch, um der KölnMesse für die gute Kooperation zu danken. Die „Interzum“ hatte in diesem Jahr erstmals eine Sonderschau „innovation of interior“ eingerichtet, auf welcher der Innenarchitektentag stattfinden konnte. Eine Führung über die Messe rundete das vielfältige Programm des Innenarchitektentags ab.

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