Innenarchitektentag: Neue Dimensionen für bessere Räume
Es wäre naiv anzunehmen, dass unsere Sinne uns objektive Informationen vermitteln.“ Diese Aussage von Prof. Dr. Uwe Ilg, Neurowissenschaftler an der Universität Tübingen, war zentral für den diesjährigen Innenarchitektentag der AKNW. Die Architektenkammer hatte alle Innenarchitektinnen und Innenarchitekten zum Branchentreff auf die Kölnmesse eingeladen, wo im Rahmen der Fachmesse „interzum“ mit dem Innenarchitektentag ein ebenso unterhaltsames wie informatives Programm angeboten wurde.
Es wäre naiv anzunehmen, dass unsere Sinne uns objektive Informationen vermitteln.“ Diese Aussage von Prof. Dr. Uwe Ilg, Neurowissenschaftler an der Universität Tübingen, war zentral für den diesjährigen Innenarchitektentag der AKNW. Die Architektenkammer hatte alle Innenarchitektinnen und Innenarchitekten zum Branchentreff auf die Kölnmesse eingeladen, wo im Rahmen der Fachmesse „interzum“ mit dem Innenarchitektentag ein ebenso unterhaltsames wie informatives Programm angeboten wurde.
„Wir suchen immer wieder neue Blickwinkel auf unsere Arbeit, um Entwicklungen zu ermöglichen und Konzepte weiter zu entwickeln“, erläuterte Ernst Uhing, Präsident der Architektenkammer NRW, in seiner Begrüßung das Thema der Tagung. „3D/4D/5D - Wir machen uns die Welt, wie sie uns gefällt“ erinnere nicht zufällig an das Lebensmotto von Pippi Langstrumpf. „Einmal einen Kopfstand zu wagen, eröffnet neue Sichtweisen. Das ist für unseren Berufsstand immer wieder wichtig.“ Architekten und Innenarchitekten hätten gegenwärtig vielfältige Aufgaben im Bereich der Bestandsarbeit und in der Folge des demografischen Wandels, so dass der Berufsstand optimistisch in die Zukunft blicken könne. Das Tagungsmotto „3D/4D/5D“ hebe darauf ab, dass neben den Dimensionen Länge-Breite-Tiefe auch die Akustik und die Zeit zentrale Faktoren bei der Gestaltung von Bauwerken und Räumen seien.
Das konnte Thomas Kusitzky nur unterstreichen. „Räume müssen viel stärker als bisher nicht allein für das Auge, sondern auch für das Ohr entwickelt werden“, so sein Plädoyer. Kusitzky forscht an der Universität der Künste in Berlin in der Auditory Architecture Research Unit zu der Frage, wie Klangwirkungen verlässlich prognostiziert und in Planungsprozessen grundsätzlich berücksichtigt werden können. „Es fehlt in diesem Bereich noch an Forschung und an der systematischen Erfassung von Praxiswissen“, so sein Fazit. Kusitzky erinnerte daran, dass Klang-Wahrnehmungen immer stark subjektiv seien. Entsprechend müsse die Planung nicht nur technische Daten zur Akustik berücksichtigen, sondern auch die Erwartungshaltung der späteren Raumnutzer.
Eine Forderung, die Prof. Ilg mit seinen Ausführungen zur optischen Wahrnehmung unterstützte. In zahlreichen Experimenten, die der Neurobiologe mit dem Publikum durchführte, zeigte er eindrucksvoll auf, wie leicht unser Auge hinters Licht zu führen ist; egal, ob es um die Farbe, Form, Tiefe oder Größe von Objekten geht. Wichtig war Ilg vor allem, dass die Aufmerksamkeit des Menschen „immer nur einmal vergeben werden kann“. Klare Botschaften, auch in der Gestaltung der gebauten Umwelt, erleichterten deshalb die Nutzung von Bauwerken. Uwe Ilg belegte auch anhand kleiner optischer Experimente, dass das menschliche Gehirn Bilder nicht in Pixel zerlegt, sondern in Linien. „Denken sie immer daran: Man sieht nur das, worauf man achtet!“ - (Einige der optischen Täuschungen und Selbstversuche finden Sie in dem angehängten Vortragstext von Prof. Ilg.)
Einen künstlerischen Umgang mit Optik und Akustik haben sich die RaumZeitPiraten aus Düsseldorf zum Thema gemacht. Das junge Künstlerkollektiv stellte verschiedene Projekte vor, die zumeist in stadträumlichen Interventionen und Innovationen mündeten. So radelten sie mit „CycloCoptern“ durch die Stadt, umgebauten Fahrrädern, die mit Projektoren ausgestattet waren und spontane Kino-Erlebnisse auf Wänden von Abbruchhäusern ermöglichten. Oder sie installierten „LeuchtParasiten“ an Bäumen, spezielle Leuchtelemente, mit der die „starre Diktatur der eckigen Straßenlaterne“ ein Ende gemacht werden könne. „Bei uns stehen die Natur und der Mensch im Mittelpunkt“, unterstrich Tobias Daemgen das künstlerische Konzept der RaumZeitPiraten. Geheimnisvolle Maschinen, die aus Schrott zusammengebaut werden, ermöglichten Projektionen und Lichteffekte, die aufgrund ihrer immer wieder zufälligen Entstehung die Wahrnehmung und die Interpretationsgabe des Betrachters forderten. „Für uns ist der Stadtraum immer auch ein optisch-akustischer Spielplatz“, resümierte Daemgen.
Der Innenarchitektentag der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen fand bereits zum fünften Mal im Rahmen der „interzum“ in der Kölnmesse statt. Die Messe-Geschäftsführerin Katharina C. Hamma dankte für die gute Zusammenarbeit, die für beide Seiten einen großen Gewinn darstelle. Das sahen auch die rund 200 Innenarchitektinnen und Innenarchitekten so, die ihren Fachrichtungstag auch als Treffpunkt und Forum für den fachlichen, kollegialen Austausch nutzten.
Martin Müller, Innenarchitekt im Vorstand der Architektenkammer NRW und Vizepräsident der Bundesarchitektenkammer, betonte die Notwendigkeit einer aktiven berufspolitischen Vertretung. „Wir werden zunehmend von außen bedrängt“, warnte der Innenarchitekt aus Marl unter Hinweis auf aktuelle Bestrebungen auf EU-Ebene und in der Bundesregierung, die Märkte der Freien Berufe weiter zu deregulieren. „Wir kämpfen auf allen Ebenen mit großer Kraft dafür, dass bewährte Systeme der beruflichen Selbstverwaltung nicht durch den zwangsweisen Abbau vermeintlicher Marktschranken gefährdet werden“, so der Vizepräsident der Bundesarchitektenkammer. Martin Müller dankte deshalb den Kolleginnen und Kollegen ganz ausdrücklich für ihre Teilnahme an der Veranstaltung, die auch ein starkes berufspolitisches Signal aussende.
<link file:18241 _blank download von prof. uwe ilg: optische wahrnehmung mechanismen und>Vortrag von Prof. Uwe Ilg: Optische Wahrnehmung - Mechanismen und Täuschungen (PDF)
Teilen via