„Kammern kämpfen um die HOAI“ - Interview mit AKNW-Präsident E. Uhing zum Erhalt der HOAI

AKNW-Präsident Ernst Uhing über die Strategie der AKNW und der BAK zum Erhalt der Honorarordnung, die sich in Deutschland über viele Jahrzehnte bewährt hat.

13. Dezember 2016von Christof Rose

Kammerpräsident Ernst Uhing im Interview mit Christof Rose, Pressesprecher der Architektenkammer, über die Strategie der AKNW und der BAK zum Erhalt der Honorarordnung, die sich in Deutschland über viele Jahrzehnte bewährt hat.

Ernst Uhing, das Thema „HOAI“ steht seit vielen Jahren ganz oben auf der berufspolitischen Agenda der deutschen Architektenkammern. Wie lauten die zentralen Argumente?

Deutschland ist ein polyzentrisches Land. Architektur und Stadtplanung sind entsprechend vielfältig und historisch mit regional-spezifischen Ausprägungen gewachsen. Entsprechend ist die Struktur unserer Architekturbüros vielfältiger, als dies in anderen Ländern der Europäischen Union der Fall ist. Zudem endet bei uns die Arbeit von Architektinnen und Architekten nicht mit Abschluss der Entwurfsplanung; die geistig-schöpferische Leistung läuft über die Ausschreibung und Vergabe bis zur Bauleitung und abschließenden Dokumentation. Um diese Leistung, die schwer zu quantifizieren ist, für alle Partner am Bau angemessen, fair und transparent bewerten und vergüten zu können, hat sich in Deutschland über viele Jahrzehnte die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure entwickelt - und bis heute bewährt. Wir machen in Gesprächen mit unseren Partnern in Europa immer wieder deutlich: Die HOAI ist ein äußerst funktionales und effizientes System. Manche Nachbarn hätten gern eine solche Honorarordnung.

Könnte nicht auch der freie Wettbewerb für eine angemessene Honorierung sorgen?


Wir sind fest davon überzeugt, dass ein Mindesthonorar notwendig ist. Kreative Leistungen sind äußerst schwer einzuschätzen. Wie soll ein privater Bauherr wissen, ob ein Honorarangebot angemessen ist - ganz gleich, ob zu hoch oder zu tief. Wir sehen in vielen Marktsegmenten, wie Dumpingpreise mangelnde Qualität provozieren. Die HOAI dient also in erster Linie dem Schutz der Verbraucher. Ein zweiter, nicht weniger wichtiger Aspekt ist die Transparenz von Vergaben der öffentlichen Auftraggeber. Natürlich muss es hier ein Regelwerk geben, das die Vergabe freiberuflicher, kreativer Leistungen rechtssicher macht. Die HOAI ist deshalb viel mehr als reines Preisrecht. Sie trägt auch dazu bei, Verwaltungshandeln nachvollziehbar zu machen.

Was tun die Architektenkammern, um den Erhalt der HOAI zu unterstützen?


Es ist uns gelungen, die Bundesregierung von der Notwendigkeit einer Honorarordnung für Architekten und Ingenieure zu überzeugen. Sowohl die Bundesbauministerin als auch der Bundeswirtschaftsminister, der ja die Federführung in dieser Frage hat, stehen hinter uns und sind bereit, das Klageverfahren der Europäischen Kommission auszufechten. Das ist ein großer politischer Erfolg! Die deutschen Architektenkammern haben in den vergangenen Jahren über die Bundesarchitektenkammer mehrere Novellierungen unserer Honorarordnung durchgefochten, die den Architektinnen und Architekten in Deutschland große Fortschritte gebracht haben - zuletzt 2013 mit einer deutlichen Anpassung der Honorarwerte. Das war kein Selbstläufer, sondern Ergebnis einer intensiven Überzeugungsarbeit im Interesse der Architektinnen und Architekten in Deutschland. Es ist uns auch in einem wissenschaftlichen Gutachten der Nachweis gelungen, dass die HOAI als Inländerregelung europarechtskonform ist. Das Gutachten zeigte auf, das jeder europäische Kollege, der bei uns in Deutschland arbeiten möchte, dies ohne Zugangsbeschränkung tun kann.

Was kann die AKNW als Länderkammer in dieser Frage des Bundesrechts bewirken?

Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen vertritt etwa ein Viertel der deutschen Architektenschaft. Das gibt uns eine starke Position innerhalb unserer Bundesarchitektenkammer, das verschafft uns auch Gehör weit über die Grenzen unseres Bundeslandes hinaus. Natürlich engagieren sich Repräsentanten der AKNW in den Gremien der Bundesarchitektenkammer. Mit dem Vorstandskollegen Martin Müller stellen wir seit Jahren einen sehr aktiven und respektierten Vizepräsidenten der BAK. Wir agieren aber auch über die Landespolitik - schließlich weist Nordrhein-Westfalen zwei europäische Grenzen auf. Auch hier kommt der Stimme des einwohnerstärksten Bundeslandes bekanntermaßen großes Gewicht zu. Wir sind froh und dankbar, die Landesregierung und auch die Fachpolitiker im Landtag NRW in dieser Frage an unserer Seite zu wissen.
Die AKNW selbst ist auch immer wieder in Brüssel vor Ort, um mit den zuständigen Beamten der Kommission und mit Abgeordneten des Europaparlamentes zu sprechen. Solche Hintergrundgespräche tragen entscheidend dazu bei, ein tieferes Verständnis für unser Anliegen zu vermitteln und die Bereitschaft einzelner Abgeordneter zu wecken, sich für unsere Sache auch persönlich einzusetzen.

Die EU-Kommission hat beschlossen, Klage zu erheben. Und nun?

Politisch werden wir mit vielen Gesprächen auf den drei Ebenen Europa, Bund und Land am Ball bleiben. Wichtig ist ein Gutachten, das die BAK in Auftrag gegeben hat und welches nachweisen soll, dass es einen Zusammenhang zwischen Planungsqualität und dem Mindesthonorar gibt. Es wird gerade unter Hochdruck zum Abschluss gebracht.
Der nächste Schritt wird die Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof sein. Es ist von großer Bedeutung, unsere Argumente mit entsprechenden wissenschaftlichen Gutachten zu hinterlegen. Ich denke, wir sind in diesem Kampf insgesamt sehr gut aufgestellt.


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