Kernthemen der Kammerarbeit bis 2025: Bauen neu denken!
Der Klimaschutz und das klimagerechte Planen und Bauen stehen als Leitthemen über der Arbeit der Architektenkammer NRW in den kommenden Jahren. Der Vorstand der Kammer beschloss auf seiner Klausursitzung am 6. und 7. September im Baukunstarchiv NRW in Dortmund, unter dem Motto „Bauen neu denken!“ konkrete Maßnahmen und Lösungen zu einer Baukultur zu entwickeln, die den Klimaschutz konsequent in den Mittelpunkt rückt. „Wir müssen unsere Mitglieder dabei unterstützen, Planungen möglichst umweltverträglich und am Lebenszyklus von Bauwerken orientiert zu gestalten“, resümierte Kammerpräsident Ernst Uhing nach zweitägiger Diskussion des Vorstands. Konkrete Punkte sollen in einem Grundsatzpapier formuliert werden, das in Kürze vorgestellt werden kann.
Nach Berechnungen der EU ist der Bausektor in Europa für rund 40 Prozent des CO2-Ausstoßes verantwortlich. In Deutschland wird rund die Hälfte des zu deponierenden Abfalls durch den Bausektor verursacht. „Jede Diskussion um Klimaschutz und eine nachhaltigen Entwicklung unserer Gesellschaft ist deshalb unmittelbar mit unserem Aufgaben- und Verantwortungsbereich verbunden“, unterstrich Präsident Uhing. Viele rechtliche und bautechnische Möglichkeiten zu einem deutlich nachhaltigeren Planen und Bauen lägen schon vor, zeigte sich der Kammervorstand einig: die Nutzung und Erneuerung des Bestands anstatt neu zu bauen; die Beachtung von Lifecycle-Kosten und des Cradle-to-Cradle-Prinzips; die Nutzung nachwachsender und recyclingfähiger Baustoffe und Bauweisen – all dies und viele weitere Aspekte seien bereits lange bekannt. „Es geht nun aber darum, hier zu einem echten Umdenken zu kommen“, befeuerte Moderator Paul Lichtenthäler die Diskussion des Vorstands. „Aktuell ist das gesellschaftliche Fenster dafür geöffnet, ökologische Maßnahmen tatsächlich umzusetzen!“
Der Vorstand beschloss, das Thema „Klimaschutz“ in der berufspolitischen Arbeit intensiv einzufordern und die Fortbildungsangebote der Akademie der AKNW in diesem Aufgabenfeld auszubauen. Auch in Veranstaltungen und Fachtagungen will die Architektenkammer NRW positive Ansätze diskutieren, vorstellen und öffentlich propagieren. Denn deutlich wurde auch, dass die Architektenschaft alleine die ökologische Bauwende nicht realisieren kann: „Wir müssen in jedem Projekt intensive Argumentationsarbeit leisten, um unsere Auftraggeber, Bauherren und auch die Öffentliche Hand von der Notwendigkeit und Sinnfälligkeit des klimagerechten Bauens zu überzeugen.“
In der Klausurtagung des AKNW-Vorstands, der sich im März 2021 konstituierte und bis 2025 im Amt sein wird, gaben einige Gäste aus der Branche Impulse aus ihrer jeweiligen, spezifischen Perspektive.
Mit klar formulierten Forderungen stellten die „Architects for Future“ ihre Konzeptgedanken vor. Architektin Carmen Neuhaus und Stefanie Blank listeten folgende Appelle ihres Aktionsbündnisses auf: Hinterfragt jeden Abriss kritisch! Wählt gesunde und klimagerechte Materialien! Baut eine offene Gesellschaft! Konstruiert kreislaufgerecht und vermeidet Downcycling! Nutzt urbane Minen! Erhaltet und schafft biodiversen Lebensraum! Die jungen Planerinnen wünschten sich einen intensiven, öffentlichen Diskurs über klimagerechtes Planen und Bauen sowie ein „Empowerment“ der Berufsträgerinnen und Berufsträger.
Die Perspektive eines seit fünf Jahrzehnten erfolgreichen Architekten brachte Prof. Eckhard Gerber in die Diskussion ein. Er wünschte sich eine Stärkung der Baukonstruktion im Architekturstudium und ein gerechteres Vergabewesen, mit dem Ziel, das Wettbewerbswesen zu stärken und auch wieder für junge Kolleg*innen zu öffnen. Zudem empfahl er eine stärkere Profilierung des Berufsstandes in die Gesellschaft hinein, um nicht großen Bauunternehmen das Feld zu überlassen.
Als kleines Architekturbüro mit regionalem Aktionsraum stellte Christine Antonie Lutz die Erwartungen von „Lutz und Unglaube“ (Bad Honnef) vor. Sie wünschte sich eine intensive Vermittlung der Kompetenzen und des Leistungsspektrums von Architekturbüros in die breite Öffentlichkeit. „Wir können viel mehr, als viele potenzielle Bauherren wissen“, lautete ihr Statement.
Auch Prof. Gerhard Matzig, Leiter des Feuilletons der Süddeutschen Zeitung, rief in seinem Impulsvortrag im Rahmen der Klausurtagung des AKNW-Vorstands dazu auf, den Menschen im Lande moderne Architektur zu erklären und zu vermitteln. „Städtebau, Soziologie, Klimawandel: Sie als Planerinnen und Planer stehen an vorderster Front, um Weltprobleme mit Architektur zu lösen“, so die Einschätzung des renommierten Architekturkritikers aus München.
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