Kommentar: Die Architekten in NRW müssen geschlossen auftreten
Unser Berufsstand hat sich im Jahresverlauf auf harte Auseinandersetzungen in zentralen berufspolitischen Fragen einzustellen. Da ist nicht nur das ewige Tauziehen um den Fortbestand der HOAI und die Anhebung der Honorarsätze zu nennen. Im Zeichen von Deregulierung und Marktliberalisierung sind wir alle gefordert, die „Marke Architekt", den Titel als Gütesiegel, mit aller Kraft im Sinne des Verbraucherschutzes nach außen darzustellen.- Ein Kommentar von AKNW-Vizepräsident Reiner Fuest.
Liebe Kollegin,
lieber Kollege,
mit dem Beginn des Frühjahrs zeichnet sich ab, dass unser Berufsstand sich im Jahresverlauf auf harte Auseinandersetzungen in zentralen berufspolitischen Fragen einzustellen hat. Da ist nicht nur das ewige Tauziehen um den Fortbestand der HOAI und die Anhebung der Honorarsätze zu nennen. Es wird immer deutlicher, dass im Zeichen von Deregulierung und Marktliberalisierung wir alle gefordert sind, die „Marke Architekt", den Titel als Gütesiegel, deutlich und mit aller Kraft im Sinne des Verbraucherschutzes nach außen darzustellen. Zu den angesprochenen Tendenzen, unser Berufsbild aufzuweichen, zählt auch das Vorhaben, die gewerbliche Berufsausbildung mit Hilfe von akademischen Abschlussbezeichnungen verbal aufzuwerten. Aus dem Handwerker wird so der „Bachelor professional".
Gegen diese problematischen Entwicklungen, die den Architektenberuf in seiner Substanz gefährden, muss sich die Gesamtheit der nordrhein-westfälischen Architekten mit allem Nachdruck stemmen. Deren Abwehr verlangt allerdings nach großer Geschlossenheit des Berufsstandes. Mitunter hat man jedoch den Eindruck, dass sich unsere rund 30 000 Kammermitglieder nicht immer als Gemeinschaft verstehen. Von vielen Kolleginnen und Kollegen weiß ich, dass sie sich eher Gruppen zugehörig fühlen und diese Zugehörigkeit auch anhand der Tätigkeitsart – hier freischaffend, dort angestellt – definieren.
Es geht mir an dieser Stelle nicht darum, ein Zerrbild zu zeichnen und Interessengegensätze, die es im Verhältnis zwischen freischaffenden und angestellten Architekten fraglos gibt, zu übertünchen. Natürlich ist die Interessenlage in diesen annähernd gleich großen Teilgruppen unserer Mitgliedschaft nicht immer deckungsgleich. Interessenunterschiede zwischen freischaffenden und angestellten Architekten müssen allerdings dort in den Hintergrund treten, wo gemeinsame Anliegen berührt sind und wo es zudem eine klare Übereinstimmung in den berufspolitischen Zielsetzungen gibt.
Wir Architektinnen und Architekten in NRW müssen gemeinsam und geschlossen auftreten. Über Trennendes hinweg gibt es schließlich eine Vielzahl von Gemeinsamkeiten. Was Architekten aller Fachrichtungen und aller Tätigkeitsarten eint, das ist die Forderung nach dem Fortbestand der HOAI und einer angemessenen Erhöhung der Honorare für Architektenleistungen. Eine verbesserte Einnahmesituation schafft auch den finanziellen Spielraum für eine bessere Vergütung der Angestellten. Und viele angestellte Kolleginnen und Kollegen in Kommunen und Verwaltungen benötigen die HOAI als transparente Grundlage bei der Vergabe von Aufträgen.
Was Architekten aller Fachrichtungen ebenfalls eint, ist die Forderung nach dem Erhalt der geschützten Berufsbezeichnung.
Kampagnenfähigkeit verlangt nach Geschlossenheit. Angesichts der Herausforderungen, die sich unserem Berufsstand derzeit stellen, braucht es den engen Schulterschluss aller Architekten. Wir müssen uns stets vergegenwärtigen, dass unsere Lobbymacht – etwa im Vergleich zur Ärzteschaft – begrenzt ist. Politiker und Bürger sind nun einmal mehr zu beeindrucken, wenn Arztpraxen geschlossen bleiben, als wenn die Arbeiten auf einer Baustelle ruhen, weil Architektinnen und Architekten ihrem Protest Nachdruck verleihen wollen. Dieses Handicap muss durch verstärkten Einsatzwillen und geschlossenes Auftreten in berufspolitischen Kernfragen kompensiert werden.
Durch solidarisches und gemeinsames Handeln helfen Sie zugleich der Kammer dabei, Ihre Anliegen im politischen Raum mit Nachdruck und Gewicht vertreten zu können. Handeln wir deshalb also auch weiterhin nach dem bewährten Grundsatz: Einigkeit macht stark!
In diesem Sinne grüßt Sie
Ihr
Reiner Fuest
Vizepräsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
fuest@aknw.de
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