Kommentar: Konkretes vom Kongress

Nicht selten wird im Nachgang zu Kongressen und Tagungen der Mehrwert solcher Veranstaltungen infrage gestellt. Zu unserem „Architektenkongress 2014“ kann ich nur sagen: Es hat sich gelohnt! - Ein Kommentar von AKNW-Präsident Ernst Uhing.

04. Juni 2014

Liebe Kollegin,
lieber Kollege!

Nicht selten wird im Nachgang zu Kongressen und Tagungen der Mehrwert solcher Veranstaltungen infrage gestellt. Zu unserem „Architektenkongress 2014“ kann ich nur sagen: Es hat sich gelohnt!

„Energiewende braucht Planung!“ lautete das Thema, zu dem sich vom 28. Mai bis zum 1. Juni rund 230 Mitglieder und Gäste aus Politik, Verbänden und Kommunen in Venedig trafen, und ich darf konstatieren: Alle Teilnehmer zeigten sich begeistert von dem hohen Diskursniveau und den vielfältigen Denkanstößen, die von den Vorträgen ausgingen. Ob Grundsatzreden wie die von Dr. Klaus von Dohnanyi oder Prof. Klaus Töpfer, Analytisches wie Daten und Umfragen von Prof. Dr. Christoph Schmidt vom Sachverständigenrat oder Prof. Beate Jessel vom Bundesamt für Naturschutz, Planungskonzepte von Christoph Ingenhoven oder Tina Parkkinen oder aber philosophische Betrachtungen von Richard D. Precht - der Blick aus den verschiedensten Disziplinen auf unser Themenfeld weitet den Horizont und lässt im nachfolgenden Dialog immer wieder neue Gedanken und Lösungsansätze entstehen.

Es gibt einige Kennziffern, die von verschiedenen Rednern aufgegriffen wurden und sich eingebrannt haben: mehr als 9 Milliarden Menschen, die unsere Erde im Jahr 2050 bevölkern werden; weltweites Wachstum des Mittelstandes mit Konsum- und Ernährungsbedürfnissen; eine Verstädterungsquote von 70 Prozent der Weltbevölkerung; globale Ausbeutung von endlichen Ressourcen, die schon jetzt dazu führt, dass wir eigentlich 1,5 Erden bräuchten, um dauerhaft überleben zu können.

Der Fokus lag in Venedig auf der Fragestellung, welche Handlungsoptionen bestehen und wie diese konkret umzusetzen sind. Mithin auch in der Selbstreflexion, was Architektinnen und Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten und Stadtplaner in ihre tägliche Arbeit aufnehmen können. Die Antworten waren so vielfältig wie die Vorträge.

Einigkeit herrschte in der Auffassung, dass wir uns nicht auf die Meta-Ebene der weltweiten politischen Verhandlungen verlassen dürfen. Die Umsetzung vieler Aspekte erfolgt letzten Endes immer vor Ort, in den Städten und Gemeinden, in den Quartieren. Mit unserem Bauminister Michael Groschek bin ich mir einig, dass wir die Quartiere stärken wollen. Der Minister wünschte sich auf unserem Kongress „Quartiersbaumeister“ und „Quartierskümmerer“, die sich über einen längeren Zeitraum verantwortlich fühlen und entsprechende Konzepte auflegen können. Wir werden dafür gemeinsam spezielle Angebote entwickeln. Da wird es in der dichten Atmosphäre eines Kongresses auf einmal sehr konkret!

Dezentralität war überhaupt eines der zentralen Schlagworte in vielen Beiträgen. Auch wenn wir sicherlich nicht ohne „Starkstromautobahnen“ von Nord nach Süd auskommen werden, um die Windkraft sinnvoll zur Energiegewinnung einzusetzen, bleiben doch Blockheizkraftwerke, Fernwärme, Geothermie, individuelle Solarnutzung u.v.m. als Alternativen, um die Wärmeversorgung unserer Wohn- und Geschäftshäuser vor Ort und relativ unabhängig sicherstellen zu können.

Prof. Klaus Töpfer, der frühere Bundesumweltminister und im Jahr 1992 Leiter der deutschen Delegation beim Weltklimagipfel in Rio, wies darauf hin, dass wir Deutschen bald nur noch 1 % der Weltbevölkerung ausmachen - aber mit technischen Innovationen im Planungs- und Baubereich weltweit erfolgreich sein können. Zu den Ungewissheiten, wie der Klimawandel verlaufen wird, sagte Töpfer mit Blick auf vier Jahrzehnte der Arbeit im Umweltbereich: „Alles deutet darauf hin, dass wir längst hätten handeln sollen. Und dass wir es jetzt tun müssen. Alles andere ist nicht zu verantworten!“

Bitte lesen Sie auch die Vorträge auf unserer Homepage nach - es lohnt sich! Das verspricht mit herzlichen Grüßen
Ihr

Ernst Uhing, Präsident der
Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
uhing@aknw.de

 

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