Kommentar von AKNW-Präsident Ernst Uhing: Im Dreikampf

Wenn Sie sich fragen, wo die nordrhein-westfälische Architektenschaft zu Beginn des Jahres 2017 steht, dann müssen wir feststellen: Wir bewegen uns auf drei Ebenen.

10. Januar 2017

Liebe Kollegin,
lieber Kollege!

Wenn Sie sich fragen, wo die nordrhein-westfälische Architektenschaft zu Beginn des Jahres 2017 steht, dann müssen wir feststellen: Wir bewegen uns auf drei Ebenen. In Nordrhein-Westfalen haben wir eine neue Landesbauordnung bekommen und bemühen uns darum, dass unser Baukammerngesetz ebenfalls novelliert wird. Mit Blick auf die Bundesebene sind wir gemeinsam gefordert, daran mitzuwirken, dass viele neue Wohnungen im bezahlbaren Marktsegment geplant und gebaut werden - Bundesbauministerin Barbara Hendricks spricht weiterhin von 350 000 Wohneinheiten, die Jahr für Jahr realisiert werden müssten. Und schließlich stehen wir auf europäischer Ebene erneut vor der Aufgabe, die Angriffe der EU-Kommission auf unsere Honorarordnung für Architekten und Ingenieure abzuwehren.

Nachdem uns das Thema HOAI schon seit Jahren beschäftigt, gibt es nun - man muss es so martialisch ausdrücken - eine neue Gefechtslage: Die Europäische Kommission hat am 17. November ihre Entscheidung zum Vertragsverletzungsverfahren HOAI bekanntgegeben und mitgeteilt, dass sie gegen Deutschland eine Klage beim Europäischen Gerichtshof erheben wird. Der Vorwurf: Deutschland verstoße mit seinen Mindest- und Höchsthonoraren für Architekten und Ingenieure gegen die europäische Dienstleistungsrichtlinie.

Unsere Strategie für die nächsten Monate verfolgt das Ziel, den Nachweis zu erbringen, dass erstens die HOAI-Regeln den freien Austausch von Waren und Dienstleistungen innerhalb der EU nicht behindern, und dass zweitens die Mindesthonorare notwendig sind, um einen gewissen Qualitätsstandard in der Planungspraxis zu gewährleisten. Dazu haben die deutschen Architektinnen und Architekten über die Bundesarchitektenkammer ein wissenschaftliches Gutachten in Auftrag gegeben, das im Frühjahr vorliegen soll. Zahlreiche politische Hintergrundgespräche flankieren diese Strategie.

Der Blick auf das neue Jahr zeigt aber auch Erfreuliches: Die Auftragslage vieler Architekturbüros in unserem Land hat sich positiv entwickelt. Der neue Boom im Wohnungsbau bringt viele Planungsaufträge und stellt auch eine spannende gesellschaftliche Aufgabe für Architekten und Stadtplaner dar: Es besteht die realistische Chance, eine echte Renaissance des Wohnungsbaus in Deutschland zu gestalten.

Dazu gehört insbesondere das lange Zeit vernachlässigte Marktsegment des kostengünstigen Mietwohnungsbaus. Hier muss es gelingen, auch ein bezahlbares Angebot für junge Leute, alte Menschen und generell für kleine und mittlere Einkommen zu machen. Wir werden weiter dafür werben, dass der geförderte Wohnungsbau in Deutschland wieder einen größeren Stellenwert bekommt - und das positive Image, das ihm zusteht.

Auf Landesebene sind wir in dieser Frage mit dem Bauministerium einig. Das Thema wird uns in der Aktionsplattform „NRWlebt. - Planen und Bauen im demografischen Wandel“, die wir im Mai nach drei Jahren zu einem Abschluss bringen wollen, noch weiter intensiv beschäftigen. Auch unsere neue, novellierte Landesbauordnung kann dazu beitragen, den Wohnungsbau in den stark nachgefragten Städten anzukurbeln. Hier werden wir darauf achten, dass die Umsetzung in die Praxis schnell erfolgt.

Nicht zuletzt blicken wir auf die Landtagswahl im Mai: Was wir uns wünschen, ist ein starkes Ministerium für die Bereiche Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Infrastruktur. Aber auch für unsere vielfältigen baukulturellen Aktivitäten benötigen wir starke Partner, mit denen die Herausforderungen der kommenden Jahre gemeinsam angegangen werden können.

Ein gutes, glückliches, gesundes und erfolgreiches Jahr 2017 wünscht Ihnen
Ihr


Ernst Uhing
Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
uhing@aknw.de

Teilen via