Kommentar von AKNW-Vizepräsident Dr. Christian Schramm: Erneuter Kampf um die HOAI

Es ist noch keine zwei Jahre her, dass wir an dieser Stelle vermelden konnten, die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure sei auf absehbare Zeit zukunftsfest. Aber keine zwei Jahre nach Inkrafttreten der HOAI 2013 sehen sich Architekten und Ingenieure erneut vor der Herausforderung, Angriffe auf unsere bewährte Honorarordnung abwehren zu müssen. Diesmal kommen die Anwürfe aus Brüssel. Die EU-Kommission droht damit, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einzuleiten. Grund: Ausländische Architekten, die sich in Deutschland niederlassen, würden benachteiligt, wenn sie gezwungen werden, die Regeln der deutschen Honorarordnung zu beachten.

09. Juli 2015

Die Kommission erliegt in dieser Frage immer wieder einem Irrglauben: Der Markt für Planungsdienstleistungen ist bereits längst weit geöffnet, Kolleginnen und Kollegen aus dem EU-Ausland können völlig problemlos in Deutschland tätig werden. Das geschieht ja auch vielfach, bei kleinen wie bei großen Projekten. Im Interesse der Verbraucher, aber auch der Baukultur in unserem Land muss aber für die Vergabe von Planungsleistungen weiterhin im Grundsatz gelten, dass qualitative Gründe den Ausschlag geben sollen, nicht allein der Preis. Die HOAI ist dazu ein bewährtes Instrument, das ja gerade erst vor zwei Jahren fortgeschrieben wurde und immer wieder neuen Entwicklungen angepasst werden kann.

Die EU-Kommissarin für den Binnenmarkt und das Unternehmertum irrt sich, wenn sie glaubt, dass Deregulierung die Binnenkonjunktur stärke oder gar europaweite Wanderbewegungen von Architekten auslösen würde. Planen und Bauen sind komplexe Prozesse, die vielfältige Abstimmungen, intensive (auch persönliche) Kommunikation und ein Vertrauensverhältnis voraussetzen.

Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Architekturbüros lokal und regional aktiv sind. In keinem Land der EU haben sich in großem Maßstab Architekturbüros aus benachbarten Ländern niedergelassen. Natürlich gibt es international tätige Kolleginnen und Kollegen - die deutschen Architektenkammern fördern solche Aktivitäten ja bewusst über ihr Netzwerk Architekturexport (NAX). De facto betrifft dies aber eher größere Einheiten. Und die Architektenschaft ist - nicht nur in Deutschland - noch immer überwiegend kleinteilig strukturiert.

Wenn die EU-Kommission den Planungs- und Baumarkt in Europa beleben will, muss sie an anderen Stellschrauben drehen, als in die gewachsenen, oftmals landestypischen Selbstverwaltungen der Freien Berufe einzugreifen. Was Investitionen in Planungsprojekte verhindert, sind überbordende Vorschriften im Vergaberecht sowie technische Vorgaben an das Planen und Bauen, die mit vernünftigem Augenmaß schon lange nichts mehr zu tun haben.

Man kann es nicht oft genug betonen: Die HOAI stellt für Architekten und Bauherren einen verlässlichen Rahmen, der es ermöglicht, zu fairen Bedingungen miteinander anspruchsvolle Projekte zu planen. Unsere unbestritten hohe Baukultur in Deutschland hängt auch von solchen Rahmenbedingungen ab, die über Jahrzehnte entwickelt wurden und gewachsen sind.

Es lohnt sich also weiterhin, für den Erhalt der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure in Deutschland zu kämpfen. Wir tun dies in konzertierter Aktion auf Bundes- und Europaebene über unsere Bundesarchitektenkammer. Wir tun dies aber auch vor Ort, bei uns in Nordrhein-Westfalen, in zahlreichen Gesprächen mit unseren Bundes- und Landtagsabgeordneten in den Wahlkreisen. Es geht in diesen Gesprächen nicht allein um die Honorarordnung. Es geht auch um das bewährte System der Selbstverwaltung der Freien Berufe in Deutschland. Bitte sprechen auch Sie mit Ihren örtlichen Abgeordneten über diese Fragen. Der Einsatz zahlt sich aus - für die Baukultur in Deutschland und für die tägliche Ausübung unseres verantwortungsvollen Berufes.

Es grüßt Sie Ihr

Dr. Christian Schramm
Vizepräsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
schramm@aknw.de

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