Rechtsfrage: Was ist unter einer "konkludenten" Abnahme von Architektenleistungen zu verstehen?

Architekt A wendet sich mit folgender Frage an die Rechtsberatung der Architektenkammer NRW: „Ich habe gehört, dass es ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zur konkludenten Abnahme von Architektenleistungen gibt. Was ist unter einer konkludenten Abnahme zu verstehen?“

11. November 2013von Christiane Terhardt

Der BGH hat mit Urteil vom 26. September 2013 (IIV ZR 220/12) entschieden, dass eine konkludente Abnahme einer Architektenleistung auch darin liegen kann, dass der Besteller nach Fertigstellung der Leistung, Bezug des fertiggestellten Bauwerks und Ablauf einer Prüfungsfrist von sechs Monaten keine Mängel der Architektenleistungen rügt.

Streitgegenstand waren in dem vom BGH entschiedenen Fall Schadensersatzforderungen der Auftraggeber gegen den Architekten. Dieser wurde im Jahr 1998 mit der Sanierung und Modernisierung einer denkmalgeschützten Villa beauftragt. Das Architektenhonorar wurde aus steuerlichen Gründen noch im Jahr 1998, d. h. vor Vollendung der Architektenleistungen, gezahlt. Nach Abschluss der Bauarbeiten bezogen die Auftraggeber das Haus im Juli 1999. Im Jahr 2000 erklärte die Denkmalschutzbehörde die behördliche Abnahme. Eine ausdrückliche Abnahme der Architektenleistungen hat jedoch nicht stattgefunden. Nach Auftreten von Feuchtigkeitsschäden im Kellergeschoss machten die Auftraggeber klageweise Schadensersatz gegen den Architekten geltend. Die Parteien hatten in erster Linie über das Vorliegen einer konkludenten Abnahme gestritten.

Eine konkludente Abnahme, d. h. eine Abnahme durch schlüssiges Verhalten des Auftraggebers, liegt dann vor, wenn der Auftraggeber den Auftragnehmer gegenüber ohne ausdrückliche Erklärung erkennen lässt, dass er dessen Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß billigt. Erforderlich ist ein tatsächliches Verhalten des Auftraggebers, das geeignet ist, seinen Abnahmewillen dem Auftragnehmer gegenüber eindeutig und schlüssig zum Ausdruck zu bringen. Dies beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls.

In dem vom BGH entschiedenen Fall lag die konkludente Abnahme darin, dass der Auftraggeber nach Fertigstellung der Leistung, Bezug des Bauwerks und Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist von sechs Monaten keine Mängel der Architektenleistungen gerügt hatte.

Nach den Ausführungen des BGH wird die Länge der Prüfungsfrist von der allgemeinen Verkehrserwartung bestimmt. Der Auftraggeber benötigt für die Prüfung des Werkes eines Architekten einen angemessenen Zeitraum. Denn er muss verlässlich feststellen können, ob das Bauwerk der vertraglichen Vorgabe entspricht, insbesondere die vereinbarten Funktionen vollständig erfüllt sind und etwaige Beanstandungen auf Fehler des Architekten zurückzuführen sind. Dieser für die Prüfung notwendige Zeitraum bestimmt die Prüfungsfrist und damit auch den Zeitpunkt, zu dem eine konkludente Abnahme in Betracht kommt.

Im vorliegenden Fall ist der BGH von einer konkludenten Abnahme sechs Monate nach Fertigstellung der Architektenleistungen ausgegangen.

Praxishinweis

Die Abnahme von Architektenleistungen hat sich in der Vergangenheit immer als Problem dargestellt. Wenn es nicht gelingt, bei Vollendung der Architektenleistung eine ausdrückliche Abnahme in Schriftform zu erreichen, ist die vorliegende Entscheidung hilfreich.

Auch in Bezug auf den neu eingeführten § 15 Abs. 1 HOAI 2013, wonach das Honorar des Architekten erst dann fällig ist, wenn die Leistung abgenommen und eine prüffähige Honorarschlussrechnung überreicht worden ist, wird die Notwendigkeit einer schriftlichen Abnahme deutlich. Allerdings kann nach § 15 Abs. 1 HOAI 2013 auch eine andere Fälligkeitsregelung vereinbart werden z.B., dass das Honorar fällig wird, wenn die Leistung vertragsgemäß erbracht worden ist.

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