Rechtsthema: Offenbarungspflicht des Auftragsnehmers

Architektin A wendet sich mit folgender Frage an die Rechtsberatung der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen: „Mein jetziger Auftraggeber teilte mir während der Vertragsverhandlungen mit, dass er sich bereits bei der Kammer über meine bestehende Mitgliedschaft informiert hätte und wies in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf hin, in welcher ein Planer, der über seine fehlende Eintragung als Architekt geschwiegen hatte, bereits geleistete Honorarabschläge zurückzahlen musste. Sind Ihnen die Einzelheiten der Entscheidung bekannt? Und: Kann der Bauherr bei Zweifeln nicht einfach die Online-Architektenliste der Kammer befragen?“

06. August 2024von Christiane Terhardt

Es ist richtig, dass sich das Oberlandesgericht Düsseldorf mit der Bedeutung und den Auswirkungen des Titelschutzes für den Verbraucher befasst hat (Urteil vom 10.02.2023, 22 U 58/22). In dem vom Gericht entschiedenen Fall hat ein Auftraggeber einen Planer, der eben kein Architekt ist (der Planer hat Architektur studiert, aber keinen akademischen Abschluss erlangt), mit Sanierungs- und Umbaumaßnahmen, die eine Baugenehmigung erforderten, beauftragt. Der Planer hat Leistungen erbracht und sich beim Stellen des Bauantrages der Hilfe eines eingetragenen Architekten bedient. Es kam zum Streit, weil der Planer keinen vollständigen und genehmigungsfähigen Nutzungsänderungsantrag vorlegen konnte. Der Auftraggeber klagte auf Rückzahlung von bereits bezahlten Honorarabschlägen. Das Oberlandesgericht gab dem Auftraggeber Recht. Der Planer musste das bereits erhaltene Honorar als Schadensersatz zurückzahlen. 

Das Gericht führt in seiner Entscheidung ausführlich zu den bestehenden Offenbarungspflichten des Planers aus:
Wer kein Architekt ist, aber Leistungen auf dem Gebiet der Architektur anbietet, muss vor Auftragserteilung auf seine mangelnde Qualifikation, auch ungefragt, hinweisen. Die Architekteneigenschaft ist für den Auftraggeber von entscheidender Bedeutung. Sie bietet Gewähr für die Qualifikation des Auftragnehmers, weil der eingetragene Architekt Berufspflichten, die dem Schutz des Auftraggebers dienen, zu beachten hat, so insbesondere die Pflicht, eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung zu unterhalten. Die Offenbarungspflicht setzt nicht voraus, dass sich der Auftragnehmer als eingetragener Architekt geriert, also aktiv beispielswiese durch die unzulässige Verwendung der Berufsbezeichnung vortäuscht, eingetragener Architekt zu sein. Nach Ansicht des Gerichts greift die Offenbarungspflicht vielmehr schon dann ein, wenn ein Auftraggeber Leistungen nachfragt, wie sie üblicherweise von einem Architekten erledigt werden, weil für ihre Erbringung besondere Sachkunde notwendig ist. 

Wie die Entscheidung zeigt, ist die Eintragung in die Architektenliste und die damit verbundene Befugnis zur Führung der Berufsbezeichnung „Architekt“ sowie die damit ebenfalls verbundene Berechtigung, Bauvorlagen einzureichen, für den Verbraucher ein „Gütesiegel“, worauf dieser grundsätzlich vertrauen darf. Wer über diese Qualifikation eben nicht verfügt, darf nicht schweigen, sondern muss vor Vertragsschluss hierüber gezielt aufklären. 

Praxistipp

Der eingetragene Architekt genießt eine Vertrauensstellung gegenüber dem Verbraucher. Unabhängig von der bestehenden Offenbarungspflicht des Auftragnehmers bei Vertragsschluss, besteht für den Auftraggeber in Zweifelsfällen die Möglichkeit, eine Mitgliedschaft des potentiellen Auftragnehmers vorab bei der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen direkt zu erfragen. Die Online-Architektenliste ist nicht in jedem Fall vollständig, da die bei uns eingetragenen Personen einer Veröffentlichung ihrer personenbezogenen Daten widersprechen können.

Sofern der nicht in die Architektenliste eingetragene Auftragnehmer aktiv die gemäß § 17 Baukammerngesetzes (BauKaG NRW) geschützte Berufsbezeichnung verwendet, leitet die Kammer bei Vorlage entsprechender Beweismittel die zum Schutze der Berufsbezeichnung erforderlichen Maßnahmen (Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens gemäß §§ 17, 42 BauKaG NRW oder Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung) ein.  

Teilen via