Reformprojekte trotzdem umsetzen!

Die Auflösung der Ampelkoalition auf Bundesebene und die damit verbundene politische Unsicherheit stellt für den Berufsstand der Architektinnen und Architekten sowie Stadtplanerinnen und Stadtplaner und damit für die gesamte Planungs- und Baubranche eine große Herausforderung dar.

14. November 2024von Ernst Uhing, Präsident der Architektenkammer NRW
Ernst Uhing, Präsident der Architektenkammer NRW. Foto: Ingo Lammert

Eine stabile, handlungsfähige Regierung ist unabdingbar, um die dringend notwendigen Reformen voranzutreiben und damit Planungs- und Investitionssicherheit in unserem Land zu gewährleisten. Das nun entstandene Vakuum verzögert wichtige Projekte und erschwert die Umsetzung notwendiger Maßnahmen. Ein Zustand, den sich unser Land nicht leisten kann.

Unser Berufsstand hat in den letzten drei Jahren intensive interessenpolitische Arbeit auf Bundesebene geleistet, mit dem Ergebnis, dass sich mehrere zentrale Gesetzesinitiativen nun auf der Zielgeraden befinden: Dies gilt vor allem für die längst überfällige Novellierung der HOAI, ein dringend benötigtes Gebäudetyp-E-Gesetz sowie das Vergabetransformationspaket.

HOAI zeitgemäß ausrichten!

Die Architektinnen und Architekten in Deutschland brauchen eine Novellierung der HOAI. Diese ist notwendig, um die Honorare an die heutigen Anforderungen und Gegebenheiten (Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz) anzupassen, gewohnte Qualität und Effizienz unserer Arbeit sicherzustellen und ausbauen zu können und um gleichzeitig eine faire Vergütung zu gewährleisten. Der Entwurf für eine neue HOAI ist auf gutem Weg, aber es gibt aktuell noch Optimierungsbedarf. Selbst wenn diesem noch in dieser Legislaturperiode Rechnung getragen werden sollte, ist es zudem an der Zeit, darüber nachzudenken, mittelfristig auch den Maßstab zu verändern. Denn die Bindung des Honorars allein an die Baukosten erscheint zunehmend aus der Zeit gefallen. Hier sollte es weg vom Euro hin zu Bauvolumen und Komplexität gehen. Und warum sollte man denn nicht zusätzlich einen Bonus für eine besonders ressourcenschonende Planung einführen?

Gebäudetyp-E einführen!

Unser Land braucht endlich ein Gebäudetyp-E-Gesetz - ein solches Gesetz ist ein wesentlicher Beitrag, um schneller, einfacher und kostengünstiger bauen zu können, indem im Bauvertragsrecht von nicht zwingenden Standards abgewichen werden kann. Insbesondere der Wohnungsbau könnte dadurch kostengünstiger und innovativer gestaltet werden. Für unseren Berufsstand würde dies mehr Flexibilität und Spielraum bedeuten, um kreative und effiziente Lösungen zu entwickeln. Der zuletzt bereits vom Bundeskabinett verabschiedete Gesetzentwurf weist hier in die richtige Richtung, wenngleich über Details noch zu debattieren sein mag.

Vergabe modernisieren!

Die Planungs- und Baubranche benötigt ein Vergabetransformationspaket – dieses zielt darauf ab, das nationale Vergaberecht zu vereinfachen, zu beschleunigen und zu digitalisieren. Bürokratische Hürden würden abgebaut, die Effizienz gesteigert, die Digitalisierung und Vereinfachung der Vergabeverfahren würde die Planung und Umsetzung von Projekten erheblich erleichtern.
Die ersten Schritte waren auch hier mit einem Gesetzentwurf bereits gemacht. Gut so. Aber die darin enthaltene drohende defacto Abschaffung des Prinzips der losweisen Vergabe der einzelnen Bau- und vor allem Planungsleistungen ist mit uns Architektinnen und Architekten nicht machbar; sie würde die bewährte Trennung des Planens und Bauens infrage stellen und wäre gerade für die vielen kleinen und mittleren Planungsbüros existenzgefährdend. Hier braucht es eine deutliche Nachbesserung des Gesetzespakets.

Gesetze jetzt noch verabschieden!

Diese nahezu entscheidungsreifen Reformen und Gesetzesinitiativen dulden keinen Aufschub und müssen noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden. Sie dürfen auf keinen Fall der Tages- und Parteipolitik zum Opfer fallen und damit auf das politische Abstellgleis geschoben werden.

Gleiches gilt für die dringend notwendige Verabschiedung eines Bundeshaushaltes, der u.a. Mittel für die Wohnraum- und Städtebauförderung sowie Mittel zur Finanzierung der notwendigen KfW-Programme enthalten muss und damit Planungs- und Investitionssicherheit für Bürgerinnen und Bürger, Bauherren, Wohnungswirtschaft, Städte und Gemeinden und unseren Berufsstand gewährleistet - auch das ist ein Gebot der Vernunft und der Verantwortung.

Ich appelliere daher eindringlich an die Verantwortlichen in Bund und Ländern, die notwendigen Reformen nicht auf das politische Abstellgleis zu schieben, sondern zügig zurück auf die Schiene zu bringen. Lassen Sie uns gemeinsam die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft stellen und die politischen Turbulenzen überwinden, um die dringend notwendigen Maßnahmen umzusetzen. Eine starke und zukunftsorientierte Bau- und Planungsbranche ist entscheidend für die nachhaltige Entwicklung unserer Städte und Gemeinden, unseres Landes und unserer Heimat.

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