Das Barrierefrei-Konzept als neue Bauvorlage

In der Landesbauordnung NRW gibt es seit Januar 2019 neue Vorschriften zur Barrierefreiheit. Zudem wird über § 9a BauPrüVO ein Barrierefrei-Konzept neu eingeführt. Es ist ab dem 1. Januar 2020 verbindlich für neu zu errichtende öffentlich zugängliche Gebäude gem. § 49 Abs. 2 BauO NRW 2018, die zugleich Sonderbauten gemäß § 50 Abs. 2 BauO NRW 2018 sind. - Gastbeitrag von Architekt Dirk Michalski, Sachverständiger für barrierefreies Planen und Bauen.

20. Mai 2019von Dipl. Ing. Dirk Michalski – Architekt AKNW, Neunkirchen-Seelscheid

Das Barrierefrei-Konzept betrifft nicht Gebäude im Zuständigkeitsbereich von Polizei und Justiz. Es bestehen bereits längere Erfahrungen, weil verschiedene Bauherren ein Barrierefrei-Konzept erstellen ließen.

Plan- und Textteil
Die vom Gesetzgeber geforderte Barrierefreiheit wird aufgrund der Nutzung des Gebäudes und anhand der bauaufsichtlich eingeführten DIN 18040 in einem Planteil und einem Textteil ausführlich erläutert.
In der Regel werden in den Bauzeichnungen M 1:100 die nachfolgend aufgeführten in § 9a BauPrüfVO verlangten Angaben mit farbigen Flächen und Piktogrammen (siehe Zeichnung) nachvollziehbar grafisch als separater Plansatz dargestellt. Es werden z.B. notwendige Bewegungsflächen vor Türen oder Aufzügen, Treppenmarkierungen, Stufenmarkierungen, Leitlinien und Aufmerksamkeitsfelder für Blindenleitsysteme eingezeichnet, dies führt im Planungsprozess (LPH 3-4) auch zur Kontrolle, ob alle notwendigen Abstände eingehalten werden.

Ebenso werden automatische Türsysteme oder die Lage von Bedienelementen und Orientierungshilfen (Informationstheke, Induktionsschleife, barrierefreie Notausgänge / Fluchtwege) mit Symbolen im Plan gekennzeichnet.

In dem dazugehörigen Textteil werden die Anforderungen der DIN 18040, die für das betreffende Gebäude oder das Umfeld gefordert sind, aufgelistet. Die je nach Gebäude bzw. Nutzung notwendigen Details und Lösungsvorschläge werden in Bild- und Textform dementsprechend aufgezeigt. Eventuelle Abweichungen von der Norm müssen sich an den Schutzzielen orientieren und werden begründet. Daher werden im Konzept die Schutzziele formuliert und dargestellt.

Der umfangreiche und ausführliche Textteil dient für alle weiteren Planungsphasen als Grundlage. Hilfreich sind Detail- und Lösungsmöglichkeiten, die ab LPH 5 umgesetzt werden sollen, da sich Barrierefreiheit vor allem durch viele ergänzende Komponenten auszeichnet, die nur in einem Gesamtkontext funktionieren. Am Ende muss das fertige Bauwerk den gesetzlichen Ansprüchen genügen.

Inhalte des Barrierefrei Konzepts nach § 9a gemäß BauO NRW 2018

  1. Den Bauvorlagen für neu zu errichtende öffentlich zugängliche Gebäude gemäß § 49 Absatz 2 BauO NRW 2018, die große Sonderbauten gemäß § 50 Absatz 2 BauO NRW 2018 – mit Ausnahme von Gebäuden im Zuständigkeitsbereich von Polizei und Justiz – sind, ist ein Barrierefrei-Konzept beizufügen.
  2. Das Barrierefrei-Konzept ist eine schutzzielorientierte objektkonkrete Bewertung der baulichen, technischen und organisatorischen Anforderungen der Barrierefreiheit, die für die Prüfung im Genehmigungsverfahren relevant sind.
  3. Der Nachweis der Barrierefreiheit muss insbesondere folgende Angaben enthalten:
  • barrierefreie Erreichbarkeit der baulichen Anlage, barrierefreie Gebäudezugänge,
  • Ausführung der PKW-Stellplätze und deren Abmessungen,
  • Flurbreiten,
  • Türbreiten, Türschwellen, Türanschläge, Türöffnungsmöglichkeiten,
  • Aufzüge, Fahrtreppen,
  • Treppen, Handläufe,
  • Rampen einschließlich Neigungen, Gefälle,
  • Anordnung von Bedienelementen,
  • barrierefreie Sanitärräume, barrierefreie Anordnung Sanitärobjekte,
  • Abmessungen der Bewegungsflächen,
  • Orientierungshilfen sowie
  • Ausführungen zu § 49 Absatz 3 BauO NRW 2018.

Die Angaben sind in einem schriftlichen Erläuterungsbericht zu formulieren und durch zeichnerische Darstellung der baulichen Anforderungen unter Angabe der technischen Anforderungen zu ergänzen.

Konkrete Umsetzung der vorgenannten Anforderungen
Seit 2013 wird von verschiedenen Architektur- und Planungsbüros in NRW ein System von verschiedenen Schraffuren und Symbolen erprobt, das eine möglichst einheitliche Grundlage für die Angaben und nachvollziehbare Prüfung der geforderten Barrierefreiheit leisten soll (siehe Beispielzeichnung). Erleichtert wird eine optimale Planung nach den Standards der DIN 18040 mit der Verwendung der in den Grundrissen gezeigten farbigen Bewegungsflächen. So wird der rollstuhlgerechte Standard nach 18040 (R) grün dargestellt. Weiter werden Blinden-Leitsysteme in orange (Streifen- und Noppenmuster) im nutzerabhängigen Umfang eingezeichnet. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Symbolen für Türsysteme, Glasmarkierungen, Treppen, Handläufe, Aufzüge und sichere Wartebereiche. Wenn diese im CAD-unterstützten Planungsprozess verwendet werden, lassen sich die geometrischen Anforderungen der einzelnen Geschosse übereinanderlegen. Das jeweilige Verschieben von Flächen, Bauteilen und Möblierungen erfolgt sehr zielgerichtet und führt schnell zu fehlerfreien Ergebnissen und einem wirtschaftlichen Planungsergebnis.

Fazit
Eine frühzeitige Einbindung (LPH 2-3) der Barrierefrei-Planung in den Entwurfsprozess erbringt einen Mehrwert, der aufwendige Planungsänderungen in der LPH 4 vermeidet. Die Nichteinhaltung der Barrierefreiheit kann zu einem nicht genehmigungsfähigen Bauantrag führen und damit zu einem Haftungsproblem für den ausführenden Entwurfsverfasser. Daher sollte den vorgenannten Anforderungen genug Aufmerksamkeit gewidmet werden. Das Barrierefrei-Konzept ermöglicht es ohne weiteres, neben den gesetzlichen Anforderungen auch darüberhinausgehende Ansprüche eines Bauherren an die barrierefreie Nutzung darzustellen.

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