Digitales Planen: „Einfach mal loslegen!“
Das Arbeiten mit BIM ist in der Planungsbranche angekommen und setzt sich durch. Dieses Gefühl nahmen rund 400 aufmerksame und engagierte Teilnehmer der Fachtagung „BIM für alle!“ mit, die am 4. Oktober in der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste in Düsseldorf den vielfältigen Statements, Vorträgen und Diskussionen aus der Perspektive der Planer, aber auch der Auftraggeber und der Politik folgten. „Das Building Information Modeling allein macht unsere Projekte noch nicht erfolgreich“, erklärte der Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, Ernst Uhing, in seiner Einführung. „Das gelingt nur, wenn wir mit den digitalen Methoden interdisziplinär und vertrauensvoll zusammenarbeiten.“ Eine Aussage, die von den Berichten aus der Praxis durchweg bekräftigt wurde.
Die Fachtagung der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen stand im thematischen Zusammenhang mit der Digitalisierungsoffensive des Landes NRW. In Kooperation mit der Ingenieurkammer-Bau NRW und der Akademie der Architektenkammer ging es auch darum, deutlich zu machen, dass dem Architekten auch im virtuellen Netzwerk der vielfältigen Planungsbeteiligten die Aufgabe der zentralen Koordination zufallen muss. „Der Architekt bleibt Systemführer“, lautete die treffende Formulierung von Wolfgang Zimmer (KZA Architekten, Essen), der im Dialog mit Matthias Pfeifer (RKW Architektur +, Düsseldorf) die praktischen Erfahrungen schilderte, die sein Büro bislang bei der Arbeit mit dem Building Information Modeling gemacht hat. Beide Architekten stellten heraus, dass die Einführung von BIM für Büros durchaus eine Herausforderung darstelle, aber auch viele Chancen biete.
Erfahrungen aus der Praxis großer Büros
„Die Arbeit mit BIM lässt sich sukzessive in die Bürostrukturen integrieren“, erläuterte Matthias Pfeifer seine Erfahrungen. „Ob ‚Little BIM‘ oder ‚Big BIM‘: Man muss einfach mal loslegen, und dann baut sich das System nach und nach auf.“ Bei RKW beginne der Einsatz von BIM so richtig ab Leistungsphase 2 HOAI, „vorher ist es bei mir immer noch der 6B“. Dann aber lasse sich aus den BIM-Daten zu einem frühen Zeitpunkt viel Information ableiten, etwa für die Massenberechnungen und Kostenkalkulationen, für Kollisionskontrollen und Visualisierungen.
„Wir müssen uns vor Augen führen, dass ein BIM-Modell immer ein Abbild der Planung bleibt und nicht die Realität darstellt“, betonte Wolfgang Zimmer. Die oft verwendete Bezeichnung des BIM-Modells als „digitaler Zwilling“ des gebauten Objektes sei deshalb etwas irreführend. Gleichwohl müsse gegenüber den Auftraggebern durchaus herausgestellt werden, dass die Arbeit mit BIM nicht allein der Errichtung eines Bauwerks diene, sondern vor allem auch seinen weiteren Lebenszyklus erheblich einfacher plan- und kalkulierbar mache.
In ihrem lockeren Dialog auf der Bühne räumten Pfeifer und Zimmer ein, dass die Implementierung von BIM in großen Büros sicherlich leichter umzusetzen sei als in kleineren Einheiten.
Informationsentwicklung ohne Brüche
Wie BIM in einem kleinen Architekturbüro erfolgreich angewendet werden kann, schilderte Architekt Uwe Gebhardt aus Biederitz in Sachsen-Anhalt. Die Planinformationen nach dem Übergang aus der analogen Planung am Reißbrett ins CAD blieben immer noch die gleichen. „Striche und Schraffuren müssen z. B. als Wand oder Baustoffe interpretiert werden. Und die Pläne sind daher bis heute für unsere Bauherren nur schwer zu lesen.“ BIM parametrisiere die Bauteilinformationen und biete daher zahlreiche Vorteile: „Die Wertschöpfung erhöht sich, Varianten lassen sich leichter durchspielen, Modellprüfungen verbessern die Qualität“. BIM begeistere Planer und im Ergebnis auch Bauherren.
Die Freude beim Arbeiten am durchgängigen Datenmodell bestätigte auch Architekt Andreas Pilot, BIM-Experte im Büro Angela Fritsch Architekten in Seeheim-Jugenheim. Er stellte BIM als Werkzeug vor, mit dem die Planer bei komplexen Gebäuden optimiert zusammenarbeiten können. Während bei „closed BIM“ alle Beteiligten eine Software nutzen müssten, biete „open BIM“ die Möglichkeit, über die IFC-Schnittstelle auch mit verschiedenen Programmen die Informationen auszutauschen. „Damit das Architektur- und die Fachmodelle zusammenpassen, müssen wir uns zunächst auf ein ‚Einfügeobjekt‘ verständigen.“ Mit IFC-Viewern stünden größtenteils kostenlose Hilfsprogramme zur Verfügung, um Modelle zu betrachten und zu überprüfen, ohne dass die Daten des jeweiligen Urhebers verändert werden. „Seien Sie vorsichtig mit zu vielen Informationen, die Ihnen die Hersteller bieten“, warnte Pilot: „Denn die Modelle müssen handhabbar bleiben.“
BIM aus Bauherrensicht
Mit einem Pilotprojekt macht sich die Gebäudewirtschaft der Stadt Köln auf den Weg, digitale Planungsmethoden zu erproben. Die städtischen Architektinnen Michaela Mischok und Petra Simons stellten die anspruchsvolle Aufgabe vor, das Gymnasium Kreuzgasse im laufenden Schulbetrieb instand zu setzen, zu erweitern und für die Sporthalle einem Ersatzneubau zu errichten. „Wir versprechen uns ein vernetztes Arbeiten, Qualitätssicherung durch Kollisionsprüfungen und verlustfreie Daten.“ Durch die Visualisierungsmöglichkeiten ließen sich Entscheidungsträger besser ansprechen, so die Kölner Architektinnen. Alle BIM-Optionen mit dem Modell Zeit-, Massen- und Kostendaten zu verknüpfen, sollten erprobt werden. Am Ende erwarte die Gebäudewirtschaft ein „As-Build“-Modell als Grundlage für die Lebenszyklus- und Betriebsdaten der Schulgebäude.
Um die notwendigen externen Fachleute zu beauftragen, greift die Stadt auf Einzelvergaben zurück. So wird der Prozess durch einen externen BIM-Berater unterstützt, derzeit wird ein BIM-Manager ausgeschrieben. Den Planungsauftrag erhielten npa Nebel Pössl Architekten, die zugleich die BIM-Gesamtkoordination der Fachplaner und ausführenden Firmen übernehmen. Deren Projektleiter Architekt Peer Halfwassen erläuterte die Herangehensweise von der Datenaufnahme des Bestands bis zur Zusammenarbeit mit den Beteiligten anhand bisheriger BIM-Projekte. „Immer wieder brauchen wir eine Mischung aus Mut und Neugierde“ beschrieb er seine Motivation.
Das Fachplanermodell
Ein wesentliches Merkmal der modellbasierten Planung ist der Austausch von Fachmodellen zwischen Architekten und Ingenieuren. Diese Teamarbeit erläuterte der Tragwerksplaner Henrik Hachenberg aus dem Kölner Ingenieurbüro Pirlet und Partner. Er plädierte für eine integrale Planung der Bereiche Architektur, Tragwerksplanung und Technische Ausrüstung bereits in der Vorentwurfsphase. Zugleich setzte sich Henrik Hachenberg dafür ein, „soviel BIM wie für den Projekterfolg nötig, jedoch nicht soviel wie möglich“ anzuwenden.
BIM in der Landschaftsarchitektur
Anhand zweier Projekte stellte der Landschaftsarchitekt Matthias Funk von scape Landschaftsarchitekten (Düsseldorf) den Einsatz von BIM für Freianlagen vor. Der Bauherr eines sicherheitsrelevanten hochtechnisierten Projekts wünschte sich auch für die Außenanlagen Daten für den Gebäudebetrieb. Das Büro scape übernahm die modellbasierte Generalplanung bis hin zur technischen Infrastruktur. Die ausführenden Unternehmen konnten die Informationen über ihre Einbauteile in das Modell eintragen. In der grafischen Darstellungsgenauigkeit der Einzel objekte setzte sich Matthias Funk dagegen für Reduktion ein.
„Die marktüblichen Architekturprogramme sind nicht unbedingt geeignet, unsere spezifischen Anforderungen zu erfüllen“, bemängelte Funk. Sie seien zum Beispiel nicht darauf ausgelegt, Gelände über vielfach gekrümmte Objekte darzustellen. Exakte Geländedaten seien aber etwa für den Überflutungsnachweis wichtig.
Beitrag der Landespolitik
Trotz der Befürchtungen aus kleinen und mittleren Unternehmen riet Dr. Thomas Wilk, sich der Digitalisierung zu stellen, „denn dies ist der Schlüssel zu weiterer Wettbewerbsfähigkeit!“ Der Abteilungsleiter Bauen im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung NRW informierte, dass sein Haus innerhalb der Digitalisierungsoffensive des Landes für den Baubereich zuständig sei. „Wir haben deshalb innerhalb des Ministeriums ein BIM-Kompetenzzentrum eingerichtet, um die digitale Zukunft zu gestalten und den entsprechenden Auftrag aus der Koalitionsvereinbarung auszufüllen.“
Mit der neuen Landesbauordnung solle „schneller, kostengünstiger und digitaler“ gearbeitet werden können. Mit sechs Modellkommunen werde das moderne digitale Verwaltungsverfahren gegenwärtig erprobt und vorangebracht. Für die Entwurfsverfasser solle ein einheitlicher Zugang entwickelt werden.
Weitere Informationen
Lesen Sie auch die Vorträge der Referentinnen und Referenten:
Henrik Hachenberg -Die Zusammenarbeit am Architektenmodell und Fachmodell (PDF)
Uwe Gebhard - Was ändert sich wirklich im Arbeitsprozess? (PDF)
Matthias Funk - Erfahrungen mit BIM (PDF)
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