Lichte Dichte: Wie Köln Wohnraum in urbanem Kontext schaffen kann
"Eine hohe städtebauliche Dichte ist weder gut noch schlecht - es kommt ganz auf den Standort an!" Dass diese Aussage des Kölner Planungsdezernenten Franz-Josef Höing im Einzelfall zutreffend ist, zeigten viele Projektbeispiele, die im Verlauf der Veranstaltung "Lichte Dichte - Wie Köln attraktiven Wohnraum in zentraler Lage gewinnen kann" am 28. September auf dem Clouth-Gelände diskutiert wurden. Die Architektenkammer NRW hatte zu der Vortrags- und Diskussionsveranstaltung in die Halle 18 auf dem Clouth-Baugebiet eingeladen - einem der größten aktuellen Wohnungsbauprojekte in der Domstadt.
Die Veranstaltung bezog sich auf die Broschüre "Stadt wollen!" der AKNW, welche die Kammer in der Vorwoche öffentlich präsentiert hatte. Der "Aufruf zu Dichte und Urbanität" stellt u. a. fest, dass ein gewisser Grad an urbaner Dichte konstitutives Merkmal der europäischen Stadt sei. "Dichte allein ist natürlich kein Garant für ein gutes Quartier. Es kommt auf die städtebaulichen Qualitäten der Hochbauten, Freiräume und Infrastrukturen an", betonte Dr. Christian Schramm, Vizepräsident der Architektenkammer NRW, in seiner Einführung in das Thema. Er hob hervor, dass der Aufruf "Stadt wollen!" keine Patentrezepte liefere, sondern eine öffentliche Fachdiskussion anstoßen wolle.
Clouth: Ein neues Quartier entsteht
Die Entwicklung des Clouth-Geländes sei ein gutes Bespiel für das Konzept, tatsächlich eine "lichte Dichte" zu realisieren, meinte Andreas Röhrig, Geschäftsführer von "moderne stadt". Die städtische Tochter entwickelt das Clouth-Gelände seit zehn Jahren. "Aus heutiger Sicht würde ich sagen, dass die Bauten auf unserem Gelände auch mehr als vier Geschosse vertragen würden", erklärte Röhrig im Rahmen eines Rundgangs über das Baugebiet. Für das Projekt war ein städtebaulicher Wettbewerb durchgeführt worden. Die einzelnen Baufelder werden von unterschiedlichen Bauträgern oder Investorengruppen unter Beauftragung renommierter Architektinnen und Architekten realisiert. "Wir streben eine hohe Qualität an", betonte Andreas Röhrig. Ungewöhnlich sei, dass die "moderne stadt" erstmals wieder "Werkswohnungen" errichte. Auf dem Clouth-Gelände werden 60 Wohneinheiten gebaut, die die Stadtwerke Köln als Mehrheitsgesellschafterin der "moderne stadt" an Mitarbeiter zu einem preisgedämpften Mietzins vergeben will.
Geförderter Wohnungsbau zieht an
Wie Kathrin Möller, Vorstand der GAG Köln, hervorhob, werde auf dem Gelände insgesamt auf eine soziale Mischung der später einmal 3500 neuen Bewohner geachtet. 30 Prozent der Wohnungen entstehen im geförderten Wohnungsbau. "Wir setzen ebenfalls auf hohe Qualitäten in der Architektur und im Städtebau", hob Kathrin Möller hervor. Für viele Wohnungsbauprojekte führe die GAG als kommunale Wohnungsbaugesellschaft Architektenwettbewerbe durch. Wichtig sei zudem die frühe und umfassende Einbeziehung der Anwohner. "Wir müssen immer deutlich machen, dass Nachverdichtungen im Bestand einen Qualitätsgewinn auch für die benachbarte Bebauung bringen", stellte Möller an Beispielen wie dem "Waldbadviertel" in Köln-Ostheim oder dem Projekt "Grüner Weg" in Ehrenfeld dar.
Bauen in der Gruppe
Martina Pfaff, Mitglied einer Baugruppe auf dem Clouth-Gelände und Sprecherin der Genossenschaft für selbstverwaltetes, soziales und ökologisches Wohnen (Woge Köln eG) stellte das Konzept des genossenschaftlichen Bauens in der Baugruppe vor. "Unser Vorteil ist, dass wir nur kostendeckend arbeiten und keinen Gewinn erzielen müssen." Entsprechend sei die Miete langfristig stabil, und auch ein Auslaufen von Sozialbindungen sei nicht zu befürchten. Das Thema der städtebaulichen Dichte sei in den zehn Baugruppen, die auf dem Clouth-Gelände aktiv sind, immer wieder kontrovers diskutiert worden. "Für die meisten von uns gehört Dichte einfach zu einer innerstädtischen Lage dazu." Gewünscht hätte man sich hingegen eine stärkere Durchmischung des Baugebiets mit Kleingewerbe und Einzelhandel.
Köln braucht 50 000 Wohnungen
Das Köln eine dichte Wohnstadt ist, unterstrich Planungsdezernent Franz-Josef Höing in seinem Grundsatzvortrag. "Hier leben 140 000 Menschen im Stadtzentrum - in Hamburg sind es 14 000", unterstrich Höing die Vitalität der Domstadt. In den kommenden Jahren werde Köln durch den prognostizierten Wachstumsdruck 50 000 neue Wohneinheiten benötigen. Das sei eine große Herausforderung, die systematisch angegangen werde. Höing präsentierte einen Stadtplan, auf dem mehrere dutzend potenzielle Baugebiete für Konversionsprojekte und Nachverdichtungen verzeichnet waren. "Gegenwärtig haben wir Konzepte für etwa 20 000 Wohneinheiten in Arbeit", so der Kölner Dezernent für Stadtentwicklung, Planen, Bauen und Verkehr. Die Stadtplanung dürfe dabei nicht nur an den zusätzlichen Wohnraum denken, der geschaffen werden müsse. "Die Bewahrung und Entwicklung des öffentlichen Raums ist jeden Tag ein Kraftakt!"
Ausstellung "Alle wollen wohnen." des M:AI NRW
Die Veranstaltung "Lichte Dichte" war ein Beitrag der Architektenkammer NRW zum Rahmenprogramm der Ausstellung "Alle wollen wohnen. Preiswert. Sozial. Gerecht." des Museums für Architektur und Ingenieurkunst (M:AI NRW). Die Ausstellung ist noch bis zum 30. Oktober in der Halle 18 auf dem Clouth-Gelände in Köln-Nippes zu sehen. Die Architektenkammer NRW hat ein ergänzendes Modul zu der Ausstellung kreiert, das im Düsseldorfer Haus der Architekten steht und dort die 20 Thesen "Stadt wollen! – Aufruf zu Dichte und Urbanität" vorstellt. Auch diese Ausstellung kann bis Ende Oktober kostenlos besucht werden.
Download & Informationen
Aufruf "Stadt wollen!" (PDF)
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