„Nicht-Planungen“ führen zu keiner Beschleunigung von Bauprojekten!
Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen heißt die Einigung von Bund und Ländern auf einen Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung im Grundsatz gut, warnt aber in einem elementaren Punkt vor einer Fehlentwicklung. Der in den 100 Punkten vorgesehene Verzicht auf Bauleitpläne bis Ende 2026 in Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten muss nach Überzeugung der Architektenkammer dringend überdacht werden. „Wir gehen von einem Missverständnis aus und hoffen auf klarstellende Ausführungen“, erklärt Ernst Uhing, der Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen (AKNW). „Der Außenbereich ist wertvollste Ressource für die Zukunft. Innen vor außen gilt auch in der größten Krise.“
„Nicht-Planungen“ seien nicht schneller, erläutert Ernst Uhing. „Planung dient der Koordination verschiedener Ansprüche, die ansonsten durch teure Gerichtsverfahren geklärt werden müssten, und vor allem der Konfliktvermeidung.“ Die Kenntnis vor Ort und des Kontextes ist ein wichtiger Bestandteil einer integrierten Planung. Die kommunale Planungshoheit sei wichtig und ein hohes Gut, so die AKNW.
Auch in diesem Sinne spricht sich die Architektenkammer gegen die vorgeschlagene Einführung einer Genehmigungsfiktion binnen drei Monaten mit Befristung bis 2026 aus. Diese würde keine Beschleunigung, sondern erhebliche Risiken für die Praxis bedeuten und ginge nicht zuletzt zu Lasten eines städtebaulich vertretbaren und vor allem sicheren Bauens. So besteht beispielsweise das Risiko, dass bei einer Nachprüfung eine rechtswidrige Ausführung entdeckt wird, was dann bis zu einem Rückbau führen könnte. Denkbar sei auch eine Verletzung der Rechte Dritter, was zu Klageverfahren führen könnte. „Der Prüfaufwand im Nachgang kann so unter Umständen höher sein als eine Prüfung im Vorfeld“, warnt die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.
Die Aufnahme des von den deutschen Architektenkammern entwickelten Gebäudetyps „E“ („E“ wie einfach) in den Bund-Länder-Pakt sieht die AKNW als eine große Chance für ein normenreduziertes, schnelleres, kostengünstigeres und ökologischeres Bauen.
Positiv sieht die Kammer die von Bund und Ländern vorgeschlagenen Bestrebungen zur Harmonisierung länderspezifischer Vorgaben (z.B. Abstandsflächen), die weitere Digitalisierung der Baugenehmigungsverfahren im Rahmen der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes sowie eine personelle Verstärkung der Bau- und Planungsämter.
Zu einer echten Beschleunigung von Bauprojekten könnte nach Einschätzung der Architektenkammer NRW auch der Vorschlag führen, von einer Genehmigung ausgehen zu dürfen, wenn die beteiligten Behörden sich nicht innerhalb einer bestimmten Frist äußern. In diesem Zusammenhang könnte auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz für mehr Tempo sorgen.
Im Rahmen der Novellierung der Landesbauordnung, die zum 1. Januar 2024 in Kraft tritt, werden in Nordrhein-Westfalen bereits einige Punkte der Bund-Länder-Vorschläge umgesetzt. Dies gilt insbesondere für die Möglichkeit einer digitalen Einreichung von Bauantragsunterlagen sowie für die Privilegierung von Windkraft, Fotovoltaik, Wärmepumpen und Funkmasten. „All das ist baukulturell eine fordernde Aufgabe, der sich die Architektinnen und Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten sowie Stadtplanerinnen und Stadtplaner in Nordrhein-Westfalen gerne stellen“, betont Kammerpräsident Ernst Uhing.
Teilen via