Akquisition oder Vertrag?
Architekt A wendet sich an die Architektenkammer NRW und bittet um Rechtsauskunft zu folgendem Problem:
„Ich wurde von dem Bauherrn B in meinem Büro aufgesucht und um Beratung in Bezug auf die in Aussicht genommene Bebauung von vier Reihenhäusern gebeten. Ich sollte die Planung vornehmen und den Bauantrag einreichen. B unterzeichnete mir eine entsprechende Vollmacht für die Verhandlungen mit der Behörde und den Nachbarn im Baugenehmigungsverfahren. Als sich das Bauvorhaben ein Jahr später zerschlagen hat, kündigte B das ‚bestehende Vertragsverhältnis’. Mein Bauherr bestreitet, dass ich nun eine Honorarrechnung stellen kann. Er behauptet u. a., wir hätten uns nicht über eine Honorierung geeinigt. Außerdem könne aus der von ihm unterzeichneten Vollmacht das Zustandekommen eines Vertrages nicht hergeleitet werden. - Ist die Rechtsauffassung des Bauherrn zutreffend?“
Da Sie keinen schriftlichen Vertrag mit B geschlossen haben, Sie allerdings bereits einige Leistungen erbracht haben, die B entgegengenommen hat, stellt sich die Frage, ob diese Tätigkeit (noch) im honorarfreien Akquisitionsbereich erfolgte oder bereits ein beidseitiger rechtsgeschäftlicher Bindungswille bestand, mit der Folge, dass dann Ihre Leistungen vergütungspflichtig wären. Hierbei sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalls maßgeblich. In Ihrem Fall wird man davon ausgehen können, dass die für einen Architektenvertrag erforderlichen Mindestinhalte nach objektiver Würdigung des Einzelfalls vorliegen. Hierfür spricht, dass Sie sich über den Vertragsgegenstand (vier Reihenhäuser auf dem Grundstück des B) sowie die Art und den Umfang der von Ihnen zu erbringenden Leistungen (Planung und Erwirkung einer Baugenehmigung) und damit über die wesentlichen Vertragsinhalte geeinigt haben.
Für den Abschluss eines Vertrages spricht zudem, dass B Sie in Ihren Büroräumen aufgesucht hat, Sie also nicht von sich aus tätig wurden. Außerdem hat B Ihnen eine Vollmachtsurkunde im Baugenehmigungsverfahren ausgestellt, so dass man jedenfalls von einer Beauftragung von Planungsleistungen bis zum Stellen des Bauantrags ausgehen kann. Schließlich spricht auch der Umstand, dass B das „bestehende Vertragsverhältnis“ gekündigt hat, dafür, dass auch B von einer vertraglichen Bindung ausging.
Der Einwand des B, es sei keine Vereinbarung über eine konkrete Vergütung getroffen worden, ist unerheblich. Bei Vorliegen eines Werkvertrages ist eine Einigung über die Vergütung nicht erforderlich, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die Werkleistung nur gegen Vergütung zu erwarten ist. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass jeder, der die Dienste eines Architekten in Anspruch nimmt, insbesondere ihn zu ihrer Erbringung auffordert, mit Vergütungspflichten rechnen muss.
Ist von einem Vertragsschluss auszugehen und behauptet der Bauherr, dass er sich mit dem Architekten auf eine unentgeltliche Leistungserbringung geeinigt habe, trägt der Bauherr hierfür die Beweislast.
Praxisempfehlung:
Ohne einen schriftlichen Vertrag kann es im Einzelfall schwierig sein, das Zustandekommen eines Vertrages nachzuweisen. Der Architekt sollte daher immer darauf hinwirken, einen schriftlichen Vertrag mit dem Bauherrn abzuschließen.
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