Architekt muss bei Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik umfassend aufklären!

19. September 2012von di, 19.09.2012

Architekt (A) wendet sich an die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und bittet um Rechtsauskunft zu folgendem Problem:  

„Von einem Bauherrn bin ich mit der Entwurfs- und Tragwerksplanung für ein Bauvorhaben mit Tiefgarage beauftragt worden. Dem selbst fachkundigen Bauherrn habe ich aus ökonomischen Gründen vorgeschlagen, bei der Stahlbewehrung für die Bodenplatte der Tiefgarage von den Erfordernissen nach den anerkannten Regeln der Technik abzuweichen und stattdessen ein System vorzusehen, das u.a. eine geringere Bewehrung vorsieht. Kann ich nach Erläuterung der abweichenden Ausführungsart und mit dem Einverständnis des Bauherrn bei der Bodenplatte von den anerkannten Regeln der Technik abweichen?“  

Nach der Rechtsprechung, jüngst der Entscheidung des OLG München, Urteil vom 14.04.2010 (27 U 31/09) darf ein Planer, der ein von den anerkannten Regeln der Technik abweichendes System zur Ausführung vorschlägt, sich nicht darauf beschränken, dem Auftraggeber die Unterschiede zwischen der herkömmlichen Herstellung und der davon abweichenden Ausführungsart zu erläutern. Der Planer muss den Bauherrn vielmehr umfassend darüber aufklären, welche Risiken und Folgen eine nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechende Planung mit sich bringen kann. Eine solche Aufklärung ist auch dann erforderlich, wenn der Auftraggeber im Bauwesen selbst fachkundig ist.

Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung ist zu empfehlen, im konkreten Fall die Abweichung von den anerkannten Regeln der Technik nochmals zu überdenken. Im Falle einer Abweichung sollte der Bauherr eingehend und vor allem auch nachweislich, möglichst schriftlich, darauf hinweisen werden, welche Risiken und Folgen eine mögliche von den anerkannten Regeln der Technik abweichende Ausführung der Stahlbewehrung in Bezug auf Korrosion und damit Statik und Haltbarkeitsdauer einer Tiefgarage mit sich bringen kann. Ein Architekt sollte in seiner Planung nur eine Konstruktion vorsehen, von der er sicher ist, dass sie den an sie zu stellenden Anforderungen genügt.

Bei einer nicht ausreichenden Aufklärung droht unter Umständen sogar der Verlust des Versicherungsschutzes aus der Berufshaftpflichtversicherung.

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