Architekt offline
Architekt A wendet sich mit folgender Frage an die Architektenkammer NRW:
„Unser Büro ist mit der Vollarchitektur eines Gebäudes beauftragt worden. Aktuell befassen wird uns mit der Entwurfsplanung. Der Bauherr verfolgt die Planungsfortschritte nicht nur sehr aufmerksam, sondern hat zuletzt täglich mehrmals angerufen und uns mit Mails überschüttet, in denen er u.a. um persönliche Gespräche bat. Für diese gab es aber keinen objektiv erkennbaren Anlass oder Bedarf. Wir haben daher nicht mehr auf jede Mail geantwortet und nicht allen Gesprächswünschen entsprochen, weil wir sonst mit der Arbeit nicht mehr vorangekommen wären. Nun hat uns der Bauherr gekündigt. Er meint, wir hätten das Vertrauensverhältnis zerstört und er müsse davon ausgehen, dass wir seine Wünsche nur unzureichend berücksichtigen. Wir sind über die Kündigung an sich ganz froh und hatten eine solche schon selbst erwogen, möchten aber wissen, ob wir das Honorar für die noch ausstehenden Leistungsphasen verlangen können.“
Das Resthonorar abzüglich ersparter Aufwendungen kann nur verlangt werden, wenn es sich um eine sogenannte freie Kündigung handelt, die der Bauherr jederzeit aussprechen kann. Von dieser zu unterscheiden ist die Kündigung aus wichtigem Grund. Ein solcher Grund kann u. a. gegeben sein, wenn der Architekt durch ein vertragswidriges Verhalten das notwendige Vertrauensverhältnis zerstört oder nachhaltig schwer beeinträchtigt hat. Dabei ist auch eine Vielzahl weniger gravierender
Vertragspflichtverletzungen ausreichend, wenn sie in der Gesamtschau dazu führen, dass es dem Auftraggeber nicht zugemutet werden kann, am Vertrag festzuhalten (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.03.2013 – 23 U 102/12). Im Allgemeinen darf eine solche Kündigung aber nicht ohne Vorwarnung ausgesprochen werden. Vielmehr muss der Auftraggeber mittels Abmahnung zunächst darauf hinweisen, dass bei Fortsetzung des gerügten Verhaltens die Kündigung droht (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 06.09.2012 – 8 U 96/12).
Im geschilderten Fall fehlt es nicht nur an dieser Abmahnung, sondern auch an einem triftigen Kündigungsgrund, so dass die Architekten das Honorar für die an sich noch zu erbringenden Leistungsphasen werden verlangen können. Das OLG Celle gesteht dem Architekten in einer aktuellen Entscheidung nämlich in erfreulicher Deutlichkeit zu, „nicht zielführende, zeitraubende und ineffektive Gespräche zu vermeiden und Absprachen in strukturierter Form zu erreichen. Bloße Kommunikationsprobleme begründen daher keinen wichtigen Grund zur Kündigung; ein Architekt ist nicht verpflichtet, sich für den Bauherrn ständig persönlich ‚erreichbar‘ zu halten“ (OLG Celle, Urteil vom 24.09.2014 – 14 U 169/13).
Praxistipp:
Im Gegensatz zu Bauherren existiert für Architekten kein freies Kündigungsrecht. Auch bei „anstrengenden“ Auftraggebern gibt es daher für sie kaum eine Möglichkeit, sich vom Vertrag zu lösen, denn Meinungsverschiedenheiten müssen nach der Rechtsprechung in weitem Umfang ausgehalten werden. Hier hilft allenfalls eine einvernehmliche Vertragsaufhebung weiter. Anders kann es aussehen, wenn der Bauherr fällige Abschlagsrechnungen nicht begleicht, den Architekten beleidigt oder den Planungsablauf durch fortlaufende unberechtigte Eingriffe unzumutbar behindert. Angesichts des Risikos von Schadensersatzforderungen sollte aber in solchen Fällen eine Kündigung durch den Architekten allenfalls nach rechtlicher Beratung erwogen werden.
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