Architektenhaftung: Verstoß gegen Elementarwissen

07. März 2008von Lg, 07.03.2008

Architekt A. bittet die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen um Rechtsauskunft zu folgendem Problem:

Der Architekt war mit der Planung eines Hochregallagers beauftragt worden. Das Dach plante er als einfaches Trapezblechdach mit einer Neigung von 0,77%, was wegen der betriebsnotwendigen Höhe der Halle sowie wegen des notwendigen Abstands zu einer Hochspannungsleitung erforderlich schien. Die einschlägige DIN sieht für ein solches Dach indes eine höhere Neigung vor, sofern nicht anderweitige Sicherungsmaßnahmen getroffen werden, wie zum Beispiel Vorkehrungen, die die Möglichkeit einer Wassersackbildung berücksichtigen. Das Dach wurde erstellt, da die Stahlkonstruktion bereits fertig war, obwohl ein beteiligtes Unternehmen Bedenken hinsichtlich der Dichtigkeit angemeldet hatte. In der Folge kam es zu Undichtigkeiten. Ein Sachverständigengutachten kam zu dem Ergebnis, dass A. wegen der unzureichenden Dachneigung den größten Teil der Verantwortung hieran trage. Die von A. gegenüber seiner Versicherung begehrte Deckungszusage wurde mit der Begründung verweigert, der Architekt habe bewusst pflichtwidrig gehandelt. A. möchte nun wissen, ob eine Klage gegen die Versicherung Aussicht auf Erfolg hat.  

Nein. Dem Architekten ist von einer Klage abzuraten, weil die Versicherung zu Recht die Zahlung verweigert. A. hat bewusst pflichtwidrig gegen die DIN verstoßen. Zwar muss die Versicherung die positive Kenntnis des Architekten vom Pflichtverstoß beweisen. Diese kann jedoch im vorliegenden Fall aufgrund von Indizien angenommen werden. Die Mindestdachneigung bei einer Dachdeckung mit Trapezprofilblechen gehört zum sogenannten Primitiv- oder Grundwissen eines Architekten, weshalb ein bewusst pflichtwidriges Verhalten zu unterstellen ist. Dass A. sich vorher mit einer Fachbaufirma in Verbindung gesetzt hat und diese keine Bedenken hatte, befreit ihn nicht. 

Praxistipp

Der Pflichtenverstoß ist in der Praxis der häufigste Fall des Ausschlusses in der Architektenhaftpflichtversicherung. Ein bewusster Pflichtenverstoß liegt zum Beispiel dann vor, wenn der Architekt gegen ihm bekannte Regeln verstößt, aber darauf vertraut, dass es trotzdem nicht zu Schäden kommt. Im vorliegenden Fall hätte entweder das Dach ordnungsgemäß abgedichtet werden oder der Bauherr hätte vollständig über die mit der niedrigen Neigung von 0,77% verbundenen Risiken aufgeklärt werden müssen.

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