Aufrechnungsverbot in Architektenformularverträgen
Architektin A wendet sich an die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und bittet um Rechtsauskunft zu folgendem Problem:
Bei dem Bau eines Einfamilienhauses war ich mit Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 beauftragt. Den mit dem Bauherrn B wirksam geschlossenen Architektenvertrag habe ich in der Folgezeit aus wichtigem Grund kündigen müssen, weil B die vereinbarten Abschlagszahlungen nicht geleistet hat. Gegen meine Honorarforderung rechnet B nun mit Schadensersatzforderungen wegen mangelhafter Planung und Bauüberwachung auf, die – was zutrifft – zu Rissbildungen und Feuchtigkeit im Keller geführt haben. Der mit B geschlossene Einheitsarchitektenvertrag enthält folgende Klausel: „Eine Aufrechnung gegen den Honoraranspruch ist nur mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung zulässig“.
Kann ich mich auf diese Klausel berufen? B könnte demnach nicht aufrechnen. Wie ist die Rechtslage?
Das im Vertrag als allgemeine Geschäftsbedingung formulierte Aufrechnungsverbot ist unwirksam, da es B als Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Eine unangemessene Benachteiligung ist immer dann gegeben, wenn eine allgemeine Geschäftsbedingung das Gleichgewicht zwischen den Vertragsparteien erheblich beeinträchtigt und der Verbraucher einen unzulässigen Vorteil aus der Schlechterstellung des Vertragspartners gewinnt. Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 07.04.2011 (VII ZR 209/07) abweichend von der weit überwiegenden Rechtsprechung der Oberlandesgerichte klargestellt, dass eine solche Benachteiligung vorliege, wenn der Besteller durch das Verbot der Aufrechnung in einem Abrechnungsverhältnis eines Werkvertrages gezwungen werde, eine mangelhafte oder unfertige Leistung in vollem Umfang zu vergüten, obwohl ihm Gegenansprüche in Höhe der Mängelbeseitigungs- oder Fertigstellungskosten zustünden. Denn hierdurch werde in das durch den Vertrag geschaffene Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung in für den Besteller unzumutbarer Weise eingegriffen.
Durch das vertraglich formulierte Aufrechnungsverbot wird B dazu gezwungen, das vereinbarte Honorar zu zahlen. Einen Schadensersatzanspruch auf Grund mangelhafter Leistung könnte er erst später geltend machen. Dies würde dazu führen, dass B Ihrem Honoraranspruch nichts entgegenhalten könnte, obwohl möglicherweise eine mangelhafte Leistung Ihrerseits vorliegt. Diese synallagmatische Verknüpfung Ihrer Werklohnforderung mit der Forderung auf mangelfreie Erfüllung des Vertrages darf aber nicht völlig voneinander isoliert werden, denn diese gilt dem Schutz der Vertragsparteien.
Da das vertraglich vereinbarte Aufrechnungsverbot nach der Rechtsprechung des BGH unwirksam ist, kann B mit seiner Schadensersatzforderung gegen Ihren Honoraranspruch aufrechnen.
Praxisempfehlung
Der BGH hält das Aufrechnungsverbot in den Fällen für unwirksam, wenn dem Bauherrn die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen aufgrund Mängelbeseitigungs- oder Fertigstellungsmehrkosten verwehrt ist. In der Praxis ist daher zu empfehlen, Aufrechnungsverbote zu vereinbaren, die sich nicht auf diese synallagmatisch verknüpften Ansprüche beziehen. Ferner besteht die Möglichkeit, eine Klausel zum Aufrechnungsverbot mit dem Bauherrn individuell auszuhandeln und als zusätzliche individuelle Vereinbarung im Architektenvertrag schriftlich aufzunehmen.
Aufzeichnung des Live-Streams mit Fabian Schrumpf vom 19.08.2020
In der zweiten Baubesprechung der AKNW war Stephen Paul (Baupolitischer Sprecher FDP-Landtagsfraktion) im Video-Talk zu Gast
Aufzeichnung des Live-Streams mit Stephen Paul vom 25.08.2020
Unter dem Titel „Baubesprechung“ wird sich AKNW-Präsident Ernst Uhing jeweils mit einem der führenden NRW-Baupolitiker in einem Video-Chat unter der Moderation von AKNW-Pressesprecher Christof Rose zu aktuellen Fragestellungen aus der nordrhein-westfälischen Baupolitik austauschen. Die Videokonferenzen werden gestreamt und können über die Homepage der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen live verfolgt werden. Zudem sind die Architektur-Talks im YouTube-Kanal der AKNW abrufbar.
Teilen via