Bauvertrag: Umsatzsteuer bei Zahlungen für Bauzeitverlängerung nach § 642 BGB
Architektin B. bittet die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen um Rechtsauskunft zu folgendem Problem:
Mein Bauherr beauftragte für den Neubau eines Bürogebäudes unter Vereinbarung der VOB/B den Unternehmer S. mit Heizungs-, Lüftungs- und Sanitäranlagen, die nach der ursprünglichen Planung Ende August des Jahres 2007 fertig gestellt sein sollten. In der Folgezeit kam es aufgrund von Änderungswünschen meines Bauherrn zu verschiedenen Nachträgen. Dem Bauherrn war dabei bewusst, dass der Unternehmer Mehrkosten wegen Bauzeitverlängerung anmelden könnte. Dem Unternehmer S. wurde ein neuer Terminplan zugeleitet. Der Fertigstellungstermin für die Arbeiten des Unternehmers wurde im Folgenden auf Ende November 2007 verschoben. Der Unternehmer konnte seine Arbeiten schließlich erst Ende Januar 2008 fertig stellen.Nun macht der Unternehmer S. in seiner Schlussrechnung neben seiner Vergütung einen Zahlungsanspruch wegen Bauzeitverlängerung nach § 642 BGB geltend. Für diesen Zahlungsanspruch erhebt er auch Umsatzsteuer. - Zu Recht?
Nach der neusten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) steht dem Unternehmer bei einem Zahlungsanspruch wegen Bauzeitverlängerung, der auf die Rechtsgrundlage des § 642 BGB gestützt wird, ein Anspruch auf Umsatzsteuer zu.In seinem Urteil vom 24.01.2008 (VII 280/05) hat der BGH entschieden, dass es bei der Geltendmachung von Umsatzsteuer bei Zahlungsansprüchen auf die konkrete Anspruchsgrundlage ankommt, auf die ein Schadensersatzanspruch wegen Bauzeitverlängerung gestützt wird. Nicht entscheidend ist hingegen die zivilrechtliche Terminologie als Schadensersatz oder Vergütung.
Bei Ansprüchen, die auf die Vorschrift des § 642 BGB oder auch die des § 2 Nr. 5 VOB/B gestützt werden, sind diese nach der Rechtsprechung des BGH auf die für die Leistung des Unternehmers zu entrichtende Vergütung gerichtet, die gerade aufgrund der Änderung des Bauentwurfs oder anderer Anordnungen des Bauherrn zu erhöhen ist. Damit erhöht sich, so der BGH, auch die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer. Entscheidend ist, ob die Zahlung der Summe mit einer Leistung des Steuerpflichtigen in einer Wechselbeziehung steht oder nicht. Dies ist bei einem Schadensersatzanspruch aus § 642 BGB und auch bei einem Anspruch aus § 2 Nr.5 VOB/B der Fall.
Anders beurteilt der BGH die Rechtslage für einen Anspruch, der auf § 6 Nr. 6 VOB/B gestützt wird. Schadensersatzzahlungen gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B sind keine Gegenleistungen für eine Leistung des Unternehmers an den Bauherrn. Die Leistung des Unternehmers bleibt das Werk. Dieses wird durch Behinderungen, die einen Anspruch aus § 6 Nr. 6 VOB/B auslösen können, nicht verändert. Daher bleibt die Vergütung als Bemessungsgrundlage unverändert. Der Unternehmer erbringt, anders als bei § 642 BGB, gerade keine zusätzlichen steuerbaren Leistungen. Mit dem Schadensersatz nach § 6 Nr.6 VOB/B wird lediglich der Ausgleich des Vermögensschadens verlangt, der sich aus Behinderungen ergibt. Umsatzsteuer ist demnach bei einem Anspruch aus § 6 Nr. 6 VOB/B nicht zu erheben.Für Ihren Fall, bei dem der Schadensersatz wegen Bauzeitverlängerung auf § 642 BGB gestützt wird, kann der Unternehmer S. Umsatzsteuer erheben.
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