Berücksichtigung vorhandener Bausubstanz
Architektin F. bittet die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen um Rechtsauskunft zu folgendem Problem: „Bei einer Umbaumaßnahme habe ich mit meinem Auftraggeber keine schriftliche Vereinbarung über die Berücksichtigung vorhandener, technisch oder gestalterisch mitverarbeiteter Bausubstanz bei den anrechenbaren Kosten getroffen. Kann ich entsprechende Kosten ansetzen?“
Gemäß § 10 Abs. 3 a HOAI ist die vorhandene Bausubstanz bei den anrechenbaren Kosten angemessen zu berücksichtigen, sofern diese technisch oder gestalterisch mitverarbeitet wird. Dabei kommt es insbesondere auf die Leistung des Architekten für die Mitverarbeitung an.
Da der Umfang der Anrechnung nach § 10 Abs. 3 a Satz 2 HOAI der schriftlichen Vereinbarung bedarf, könnte der Eindruck entstehen, dass eine angemessene Berücksichtigung der technisch oder gestalterisch mitverarbeiteten Bausubstanz nur bei schriftlicher Vereinbarung zulässig ist.
Das in § 10 Abs. 3 a Satz 2 HOAI aufgestellte Schriftformerfordernis hat jedoch nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (Entscheidung vom 27.02.2003 VII ZR 11/02, BauR 2003, 745) und auch nach überwiegender Auffassung in der Literatur lediglich eine Klarstellungsfunktion und stellt daher keine Anspruchsvoraussetzung dar. Die Regelung des § 10 Abs. 3 a HOAI gilt selbst dann, wenn die Parteien sich nicht zuvor über den Umfang der Anrechnung schriftlich geeinigt haben.
Wurde eine schriftliche Vereinbarung über die Höhe der Anrechnung versäumt und entsteht insoweit Streit zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber, muss das Gericht darüber entscheiden, in welchem Umfang die vorhandene Bausubstanz zu berücksichtigen ist. In der Regel wird ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Honorare der Architekten zur Klärung dieser Frage eingeschaltet.
Eine schriftliche Vereinbarung kann jedoch auch jederzeit noch nachgeholt werden. Das Schriftformerfordernis ist nicht schon bei Auftragserteilung einzuhalten, § 4 Abs.1 HOAI ist in diesem Fall nicht einschlägig.
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