Haftung der Mitarbeiter in Architekturbüros

15. Oktober 2012von me, 15.10.2012

Architekt A wendet sich an die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und bittet um Rechtsauskunft zu folgendem Problem:

„Ich arbeite seit einiger Zeit in einem Architekturbüro, habe allerdings mit dem Büroinhaber keinen schriftlichen Arbeitsvertrag geschlossen. Um meine Leistungen vergütet zu erhalten, stelle ich diese dem Büro regelmäßig in Rechnung. Ich habe in der Vergangenheit für ein Projekt zwei Tage in der Woche die Bauleitung gemacht. An den übrigen Tagen war ich im Büro tätig. Das Projekt betreute ich weitgehend eigenständig, jedoch habe ich bei wichtigen Themen immer den Büroinhaber befragt. Dieser hat letztendlich dann auch regelmäßig die Entscheidungen getroffen. Jetzt wurde das Büro wegen eines Planungs- und Bauleitungsmangels von dem Auftraggeber erfolgreich auf Schadensersatz verklagt. Die Haftpflichtversicherung des Büros hat jetzt mich angeschrieben und verlangt die Haftungssumme für den entstandenen Schaden von mir zurück. - Zu Recht?“

Wesentlich ist die Frage, in welchem Verhältnis – ob als Angestellter oder als „echter“ freier Mitarbeiter – der Betroffene zu dem Büroinhaber steht. Handelt es sich um ein Arbeitsverhältnis als Angestellter, ist der Beschäftigte regelmäßig über den Arbeitgeber versichert. Werden dagegen Leistungen als freier Mitarbeiter erbracht, muss der Haftpflichtversicherungsschutz geklärt werden.

Wenn der Büroinhaber den freien Mitarbeiter nicht bei seiner Versicherung angemeldet und mitversichert hat, besteht die Gefahr, dass der freie Mitarbeiter von der Versicherung des Büroinhabers in Regress genommen wird. Zwar erklären einige Versicherungen, dass der freie Mitarbeiter stets mitversichert sei, ein „Subunternehmer“ hingegen nicht. Da zwischen einem „echten“ freien Mitarbeiter und einem Subunternehmer keine wesentlichen Unterschiede bestehen, besteht wegen des offensichtlichen Widerspruchs in der Aussage der Versicherungen Grund genug, als freier Mitarbeiter die Frage der Berufshaftpflicht mit dem Auftraggeber zu klären.

In dem hier geschilderten Fall spricht für eine Tätigkeit als Angestellter, dass die Leistungen regelmäßig und weisungsgebunden erbracht wurden. Gegen eine Tätigkeit als Angestellter und für eine Tätigkeit als freier Mitarbeiter spricht, dass A für seine Leistungen eine Rechnung gestellt hat.

Im Rahmen einer Einschätzung des Sachverhaltes kann für eine Tätigkeit als Angestellter herangezogen werden, dass A zwar die Bauleitung übertragen worden, jedoch der Büroinhaber weiterhin an dem Projekt aufsichtsführend beteiligt war, um gegebenenfalls eingreifen zu können. Für alle Pro-jektbeteiligten war offenbar die ganze Zeit erkennbar, dass der Büroinhaber „das Sagen“ hatte und dem A bei Problemen stets zur Seite stand. Hieraus kann eine Weisungsgebundenheit hergeleitet werden, die typisch für ein Arbeitsverhältnis als Angestellter ist.

Auch aus dem Umstand, dass A tageweise auf der Baustelle war und die Zeitpunkte hierfür selbst bestimmen konnte, kann nicht zwingend der Rückschluss gezogen werden, dass neben der selbstständigen Arbeitsweise auch eine wirtschaftliche Selbstständigkeit bestand. A hat zwar nicht monatlich automatisch ein Gehalt überwiesen bekommen, sondern Rechnungen gestellt, was ein Indiz für eine freie Mitarbeit ist. Die übrigen Umstände überlagern aber wohl dieses Merkmal. Das Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrages ist ebenfalls nicht ausreichend, um zwingend eine freie Mitarbeiterschaft zu begründen.

Daher wird der Haftpflichtversicherer den betriebsangehörigen Angestellten des versicherten Büroinhabers als Schadensverursacher nicht in Regress nehmen können, da dieser unter den Versicherungsschutz des Büroinhabers fällt. Soweit der Schadensverursacher auch nicht vorsätzlich gehandelt hat, scheidet auch eine Haftung des angestellten Architekten nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs aus. Zu diesem Ergebnis ist in einem ähnlich gelagerten Fall auch das Landgericht Krefeld (LG Krefeld, Urteil vom 14.01.2010 – 3 O 14/07) gekommen.

Praxisempfehlung

Wie dieser Fall zeigt, kann die Abgrenzung zwischen einer Tätigkeit als angestellter Architekt und einer Tätigkeit als freier Mit-arbeiter im Einzelfall schwierig sein. Soweit ein Gericht hier zu einer anderen Überzeugung gelangen würde, muss der vermeintlich angestellte Architekt für den Schaden mit seinem Privatvermögen haften.

Aus gutem Grund schreibt daher die Hauptsatzung der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen vor, Arbeitsverträge schriftlich zu schließen. Die Nichtbeachtung stellt eine Mitgliedspflichtverletzung dar. Soweit eine echte freie Mitarbeitertätigkeit vereinbart werden soll, sollte schriftlich geregelt werden, dass der freie Mitarbeiter über das Architekturbüro mitversichert ist oder der Abschluss einer eigenen Berufshaftpflichtversicherung notwendig wird.

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