Haftung des Architekten bei Fehler eines Bodengutachtens

11. Dezember 2003von Lg, 11.12.2003

Architekt P. wendet sich mit folgendem Problem an die Rechtsberatung der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen:

"Ich war mit der Planung eines Einkaufszentrums einschließlich Tiefgarage beauftragt worden. Auf meinen Hinweis gegenüber dem Bauherrn, dass es notwenig sei, ein Bodengutachten einzuholen, beauftragte der Bauherr einen als kompetent bekannten Gutachter. Dieser führte Bohrungen bis zu einer wasserundurchlässigen Mergelschicht in einer Tiefe von 3,8 m durch und kam zu dem Ergebnis, im Bereich des Gebäudes stehe kein drückendes Wasser an. Aufgrund dieses Gutachtens plante ich für die tiefer als 3,8 m gegründete Tiefgarage keine weiße oder schwarze Wanne, sondern nur eine Ringdrainage. Der Bodengutachter bestätigte nach Herstellung der Gründungssohle erneut sein Ergebnis in einem weiteren Gutachten und erklärte, weitere Maßnahmen zur Abdichtung seien nicht erforderlich.

Nach Fertigstellung des Einkaufzentrums kam es zu Wassereinbrüchen in der Tiefgarage. Der Bauherr nimmt mich nun auf Schadensersatz in Anspruch. Zu Recht?"

Nein. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem ähnlichen Fall Schadensersatzansprüche des Bauherren abgelehnt und die Klage abgewiesen. Er hat festgestellt, dass ein unterlassener Hinweis eines Planers an den Bodengutachter auf die Notwendigkeit tieferer Bohrungen nicht schadensursächlich ist, wenn der Bodengutachter diesen Hinweis nicht berücksichtigt hätte. (BGH, Urteil vom 10.07.2003 - VII ZR 4/02).

Zur Begründung hat der BGH ausgeführt, dass der Gutachter auch bei einem Hinweis des Planers auf eine tiefere Gründung keine tieferen Bohrungen mit abweichendem Ergebnis durchgeführt hätte. Vielmehr seien Angaben über die Gründungstiefe des Gebäudes für den Bodensachverständigen erkennbar ohne Bedeutung gewesen. Deshalb sei ein unterlassener Hinweis des Architekten nicht die Ursache für die fehlerhafte Bodenerkundung. Auf deren Ergebnis durfte sich der Planer angesichts der Kompetenz des Sachverständigen verlassen.

Tipp für die Praxis

Die grundsätzliche Überlegung im Falle der Inanspruchnahme eines "vermeintlichen Schädigers" auf Schadensersatz ist diejenige, ob es auch zum Schaden gekommen wäre, wenn dieser – wie im obigen Falle – auf die Notwendigkeit einer weitergehenden Untersuchung hingewiesen hätte. Bei der Architektenhaftung stellt sich diese Frage zum einen bei der Prüfung, ob das Schadensereignis überhaupt eingetreten wäre, und zum Zweiten bei der Frage, ob der Geschädigte – hier der Bauherr - eine Vermögenseinbuße erlitten hat. Wenn nämlich zur Mängelbeseitigung zusätzliche Baumaßnahmen erforderlich werden, die bei korrekter Planung ohnehin ausgeführt worden wären, fehlt es insoweit an einem Schaden des Bauherrn. Selbst wenn man also hier eine Haftung des Architekten grundsätzlich bejaht hätte, wären dem Bauherrn die Kosten einer weißen oder schwarzen Wanne nicht ersetzt worden, sondern nur der zusätzliche Aufwand für deren nachträgliche Herstellung sowie die Kosten zur Beseitigung von Wasserschäden am Gebäude.

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