Haftung des Architekten und des Handwerkers
Architekt J. wendet sich an die Architektenkammer NW und bittet um Rechtsauskunft zu folgendem Problem: „Ich habe für eine Kirchengemeinde die Sanierung des Daches einer mittelalterlichen Kirche ausgeschrieben. In der Ausschreibung war eine Deckung mit speziellen Ziegeln eines namentlich benannten Dachdeckers vorgegeben. Die Denkmalschutzbehörde bestand darauf, dass kein Unterdach erstellt werde. Ich habe deshalb im Rahmen meiner Planung weder ein Unterdach noch andere Maßnahmen zur Erreichung der Regensicherheit vorgesehen, obwohl dies bei den vorgegebenen Ziegeln erforderlich gewesen wäre. Nach Fertigstellung des Daches drang bei Regenfällen Wasser ein. Die Kirchengemeinde nahm mich erfolgreich auf die Sanierungskosten in Höhe von rund 90.000 € in Anspruch. Meine Haftpflichtversicherung nimmt nun den ausführenden Dachdecker in Höhe von 2/3 dieses von ihr gezahlten Betrages unter dem Gesichtspunkt des Gesamtschuldnerausgleichs gerichtlich in Anspruch. Wird sie damit Erfolg haben?“
Sie wird teilweise erfolgreich sein. Dem Grunde nach kann sie aus eigenem Recht nach § 67 VVG (Gesetz über den Versicherungsvertrag) den Ausgleichsanspruch des Architekten gegenüber dem Dachdecker geltend machen, nicht jedoch der Höhe nach. Einen ähnlichen Fall hatte kürzlich der Bundesgerichtshof zu entscheiden. Der Mangel beruht überwiegend oder ausschließlich auf einem Planungsfehler des Architekten. Dem Dachdecker ist hier nur vorzuwerfen, dass er gegen die planerischen Vorgaben keine hinreichenden Bedenken geäußert hat. Das Gericht hat deshalb in dem vergleichbaren Fall festgestellt, dass die größere Verantwortung beim Planer lag, so dass es gerechtfertigt sei, den Architekten im Innenverhältnis der Gesamtschuldner mit 2/3 des Schadens, den ausführenden Dachdecker nur mit 1/3 zu belasten. (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 14.01.2003; BGH, Beschluss v. 22.07.2004)
Praxisempfehlung:
Die Entscheidung bestätigt die allgemein anerkannten Grundsätze der gesamtschuldnerischen Haftung. Danach sind Gesamtschuldner untereinander zu gleichen Teilen verpflichtet, es sei denn, es ist etwas anderes bestimmt. Dies kann sich aus den Umständen des Einzelfalles ergeben. Bei der Haftungsverteilung zwischen Architekten und ausführenden Unternehmen kommt es insbesondere darauf an, inwieweit der Mangel auf Planungsfehlern und inwieweit er auf Ausführungsfehlern beruht. Die hierbei vorzunehmende Quotelung bedarf einer genauen Einzelfallprüfung. Dabei ist es nicht ausgeschlossen, dass die Verantwortlichkeit eines Beteiligten so überwiegt, dass er im Innenverhältnis allein haftbar ist.
Teilen via