Honorarkürzung möglich bei fehlendem Bautagebuch
Architektin B. bittet die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen um Rechtsauskunft zu folgendem Problem:
„Ich habe mit meinem Bauherrn einen Architektenvertrag geschlossen. Dabei orientierte sich der Leistungsumfang an den Leistungsphasen 1 bis 8 des § 15 HOAI.Nach Abschluss der Arbeiten verlangt nun mein Bauherr von mir auch die Herausgabe des Bautagebuchs. Ich bin der Meinung, es besteht kein Anspruch auf Herausgabe, da das Bautagebuch meine persönlichen Notizen enthält. Außerdem ist das Bautagebuch auch nicht ganz vollständig. Wie ist die Rechtslage?“
Die Leistungsphase 8 des § 15 HOAI sieht als Grundleistung das Führen eines Bautagebuchs vor. Bei einem an den Leistungsphasen der HOAI orientierten Architektenvertrag hat der Architekt nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH-Urteil vom 24.06.2004 - VR ZR259/02) jede Teilleistung der HOAI als Teilerfolg des geschuldeten Gesamterfolges zu erbringen. Erbringt er einen derartig geschuldeten Teilerfolg nicht, ist sein Werk mangelhaft.
In Ihrem Fall könnte der Bauherr bei Nichtherausgabe des Bautagebuchs eine Kürzung des Architektenhonorars vornehmen. Auch die Tatsache, dass das Bautagebuch, wie Sie schildern, nicht vollständig ist, könnte den Bauherrn zu einer Honorarminderung berechtigen.
Vor der Frage der Honorarminderung sollte allerdings immer zunächst geklärt werden, was zum Auftragsumfang gehört. Wurde die nicht erbrachte Teilleistung nämlich gar nicht als vertraglich geschuldet vereinbart, hat der Bauherr auch kein Recht zur Honorarkürzung.In der Praxis wird der Umfang der Architektenleistungen leider nach wie vor sehr oft unzureichend geregelt. Das Fehlen eines schriftlichen Architektenvertrages und die undifferenzierte Bezugnahme auf die Leistungsbilder der HOAI erschweren die Ermittlungen des Vertragsumfangs. Nach der Rechtsprechung des BGH sind im Rahmen der Auslegung die durch den konkreten Architektenvertrag begründeten Interessen des Auftraggebers an bestimmten Arbeitsschritten zu berücksichtigen. Der Auftraggeber werde regelmäßig ein Interesse an den Arbeitsschritten haben, die es ihm ermöglichen, zu überprüfen, ob der Architekt den geschuldeten Erfolg vertragsgemäß bewirkt hat, sowie auch an den Arbeitsschritten, die den Auftraggeber in die Lage versetzen, etwaige Gewährleistungsansprüche gegen den Bauunternehmer durchzusetzen.
Das Bautagebuch dient im Besonderen den Interessen des Bauherrn und soll Leistungen, Lieferungen und Tätigkeiten der verschiedenen Unternehmer sowie die jeweiligen Arbeitsbedingungen auf der Baustelle dokumentieren. Für eine spätere gerichtliche oder außergerichtliche Auseinandersetzung dient es als Beweismittel. Damit dient es nicht in erster Linie dem Architekten als eigene Gedächtnisstütze - auch persönliche Notizen ändern an der Interessenlage nichts.
Bei zukünftigen Architektenverträgen sollten Sie den Umfang Ihrer Architektenleistungen präzise regeln und eine Bezugnahme auf die Leitungsphasen des § 15 HOAI vermeiden.
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