Honorierung trotz fehlenden Auftrages

09. September 2019von Dr. Volker Steves

Architektin A wendet sich an die Architektenkammer NRW mit der folgenden Frage: „Im Rahmen einer Akquise habe ich für einen Bauherrn eine Entwurfsplanung erstellt. Es kam zu keinem Vertragsschluss. Nun habe ich festgestellt, dass der Bauherr das Projekt mit einem anderen Architekten realisiert hat und dass das Projekt der von mir erstellten Entwurfsplanung entspricht. Habe ich trotz fehlenden Vertragsschlusses einen Anspruch auf Honorierung meiner Planungsleistungen?  

Antwort: Ja, sofern Sie nachweisen können, dass die Genehmigungsplanung des anderen Architekten auf Ihrer Entwurfsplanung aufbaut (vgl. hierzu OLG Celle, Urteil vom 20.03.2019, BauR 2019, S. 994 – 996).  

Die Situation ist jedem Architekten bekannt: Man stellt dem potentiellen Auftraggeber eine schon fortgeschrittene Planung zur Verfügung und erhält dann doch nicht den Auftrag, weil sich der Auftraggeber für einen anderen Architekten entscheidet. Neben die Enttäuschung über den entgangenen Auftrag gesellt sich noch Wut, wenn man später feststellen muss, dass der Bauherr die Planungsleistungen dennoch durch den anderen Architekten hat verwerten lassen und ein Bauwerk entstanden ist, in dem sich zumindest die wesentlichen Züge der Entwurfsplanung widerspiegeln.

In dem vom OLG Celle entschiedenen Fall hatte der Architekt für die Erweiterung bzw. den Neubau eines Büro- und Lagergebäudes eine Entwurfsplanung erstellt, ohne dass es zuvor oder später zum Abschluss eines Planervertrages gekommen war. Stattdessen beauftragte der Bauherr einen anderen Architekten. Im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung konnte der Architekt unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen nachweisen, dass die durch den anderen Architekten erstellte Genehmigungsplanung dermaßen viele Planungsdetails aufwies, welche bereits Gegenstand der Entwurfsplanung gewesen waren, dass von einer „weitergehenden Verwendung“ der Entwurfsplanung durch den anderen Architekten ausgegangen werden könne (vgl. OLG Celle, a.a.O., S. 994).

In dem konkreten Fall stellte das realisierte Projekt keine „typische Standardlösung“ dar, sondern war durch zahlreiche planerische Besonderheiten gekennzeichnet, so dass es nach Auffassung des Sachverständigen kein Zufall sein könne, dass sich diese Besonderheiten sowohl in der Entwurfs- als auch in der Genehmigungsplanung wiederfinden würden. Das OLG Celle folgte den Ausführungen des Sachverständigen und stellte fest, dass der Bauherr um den Wert der Entwurfsplanung ungerechtfertigt bereichert im Sinne von § 812 I BGB sei. Er habe daher die Aufwendungen herauszugeben, die er aufgrund der ungerechtfertigten Bereicherung erspart habe. Gem. § 818 II BGB handele es sich dabei um die angemessene und übliche Vergütung, welche nach den Mindestsätzen der HOAI zu berechnen sei.  

Praxistipp:

Erbringt ein Architekt Planungsleistungen und wird er dennoch nicht beauftragt, dann sollte er das weitere Vorgehen des Bauherrn verfolgen. Nimmt dieser nicht vollständig von dem Projekt Abstand, sondern lässt ein zumindest ähnliches Projekt durch einen anderen Architekten realisieren, dann sollte der Architekt das Projekt auf auffällige Gemeinsamkeiten mit seiner Planung hin untersuchen. Handelt es sich bei den Gemeinsamkeiten um planerische Besonderheiten, könnte eine „Weiterverwendung“ der Planungsleistungen durch den Bauherrn bzw. dessen beauftragten „Zweit“-Architekten vorliegen und dem „Erst“- Architekten eine angemessene Vergütung zustehen.

Ein solcher Anspruch kommt auch dann in Betracht, wenn der Architekt in der fälschlichen Annahme, es existiere bereits ein Planervertrag, Planungsleistungen erbringt und sich der potentielle Bauherr hinterher erfolgreich darauf beruft, von bloßen Akquiseleistungen des Planers ausgegangen zu sein (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.12.2001, AZ. 21 U 41/10, IBR 2013, S. 155 f.). Es lohnt sich somit stets für den „enttäuschten“ Architekten, die Baustelle nicht aus den Augen zu verlieren und bei offensichtlichen Ähnlichkeiten des dort entstehenden Objektes mit den „unentgeltlichen“ Planungsleistungen rechtzeitig Beweise und Anhaltspunkte zu sammeln, um eine „Weiterverwendung“ der Planungsleistungen durch den Bauherrn nachweisen zu können.

Ein solcher Nachweis stellt die eigentliche Schwierigkeit dieses Anspruches dar. In der Regel gelingt er nur bei „nicht standardisierten“ Planungen.

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