Innenarchitekten: Haftungsrisiko häufig unterschätzt!
Das Berufsbild der Innenarchitektinnen und Innenarchitekten hat sich in den vergangenen Jahren deutlich gewandelt. Die ständig wachsende Bedeutung des Bauens im Bestand führt dazu, dass Innenarchitekten in ihrer Tätigkeit vielfältige Bereiche des Hochbaus berühren. Gemäß § 70 BauO NW sind Innenarchitekten in NRW eingeschränkt und uneingeschränkt bauvorlageberechtigt und damit Entwurfsverfasser im Sinne des Gesetzes.
Der Ausschuss „Innenarchitekten“ der Architektenkammer NRW hat sich nun intensiv mit der Problematik befasst, dass die Haftpflichtversicherungen der Innenarchitekten dem tatsächlichen Leistungsprofil nicht immer gerecht werden. Eine begründete Sorge, so die Versicherungswirtschaft. In einem Gastbeitrag stellt Ulrich Langen von der AIA AG in Düsseldorf dar, dass Innenarchitekten, die im konstruktiven Bereich tätig sind, schnell die Gefahr der Unterversicherung droht.
Versicherungsschutz besteht grundsätzlich für das gemäß Antrag und Versicherungsschein versicherte Berufsbild. Auch wenn nur Teilleistungen des versicherten Berufsbildes erbracht werden, steht die Versicherungssumme - im Rahmen der Versicherungsbedingungen - in vollem Umfang zur Verfügung. Wie schnell man dennoch in die Bredouille kommen kann, zeigt folgender Beispielsfall:
Im Zusammenhang mit der während des laufenden Geschäftsbetriebes durchgeführten Umgestaltung eines Supermarktes veranlasste der Innenarchitekt u. a. die Entfernung der Verkleidung von Versorgungsleitungen. Aufgrund des Einsatzes von Trennschleifern wurde zwar mit einer gewissen Staubentwicklung gerechnet, die man jedoch als gering und daher hinnehmbar einschätzte. Es stellte sich heraus, dass die Verkleidung aus asbesthaltigem Material bestand - mit der Folge, dass trotz der nur geringen Staubentwicklung die kontaminierten Verkaufsräume aufwändig gereinigt und viele Produkte entsorgt werden mussten. Es entstand ein Schaden von mehr als 150.000 €.
Ein weiteres erhebliches Haftungsrisiko ergibt sich durch das Auftreten von Serienschäden. Auch hier können kleine Ursachen eine große Wirkung haben:Ein Innenarchitekt wurde damit beauftragt, für einen mehrstöckigen Wohnkomplex mit ca. 80 Wohneinheiten u. a. die Wohnungseingangstüren auszutauschen. Nachdem die vom Innenarchitekten ausgeschriebenen Türen eingebaut waren, verzogen sich diese bereits nach wenigen Monaten und mussten ausgetauscht werden. Schaden in der Summe: über 100.000 €. Auch in diesem Fall reichte die Versicherungssumme nicht aus.
Eine interne statistische Erhebung der AIA Düsseldorf zeigt, dass im Bereich der Haftpflicht von Innenarchitekten der durchschnittliche Schadensersatzanspruch bei 83.000 € liegt und in ca. 8 % aller Fälle die vereinbarte Versicherungssumme nicht ausreichend war.Zur Beschränkung des Haftungsrisikos empfiehlt sich die Vereinbarung einer Haftungsbegrenzung, z. B. auf die Höhe der Versicherungssumme. Bei solchen Vereinbarungen mit dem Auftraggeber ist zu berücksichtigen, dass eine sichere Haftungsbegrenzung nur durch individuelle Vereinbarung mit dem Auftraggeber getroffen werden kann - eine lediglich formularmäßige Klausel reicht im Zweifelsfall dazu nicht aus. In Anbetracht des erheblichen Gefahrenpotenzials sollte in jedem Fall eine Versicherung mit ausreichend hohen Summen gewählt werden. Eine Summe von 75.000 €, die z. T. in einigen Bundesländern noch als Mindeststandard gilt, ist deutlich zu niedrig.
Innenarchitekten erbringen - gerade bei der Arbeit im Bestand - häufig auch Hochbauarchitekturleistungen. Solche Leistungen, die über das klassische Berufsbild des Innenarchitekten hinausgehen, können bei entsprechender Qualifikation mitversichert werden. Für die Beurteilung des Risikos benötigt der Versicherer Angaben zum Umfang der übernommenen Leistungen. Anhaltspunkt kann das Verhältnis des in Rechnung gestellten Honorars für Innenarchitekturleistungen einerseits und für Hochbauarchitekturleistungen andererseits sein. Es empfiehlt sich, den Versicherungsumfang regelmäßig - jedenfalls vor größeren Projektvorhaben - mit den auszuführenden Leistungen abzugleichen und ggf. anzupassen.
Ulrich Langen ist Mitarbeiter der Architekten- und Ingenieursassekuranz AIA AG, Düsseldorf
Falls Sie entsprechende Erfahrungen mit der Innenarchitekten-Haftpflicht gemacht haben, bittet der Ausschuss Innenarchitekten Sie, diese der Kammer in schriftlicher Form mitzuteilen. Bitte wenden Sie sich an Vera Anton-Lappeneit, Tel.: (02 11) 49 67 42; lappeneit@aknw.de
Durchführungsverordnung zum Baukammerngesetz des Landes NRW
§ 19 - Versicherungspflicht für Bauvorlageberechtigte
(1) Entwurfsverfasserinnen und Entwurfsverfasser, die Bauvorlagen für die Errichtung oder Änderung von Gebäuden gemäß § 70 der Landesbauordnung durch Unterschrift anerkennen, sind nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 ausreichend haftpflichtversichert im Sinne der §§ 22 Abs. 2 Nr. 5, 46 Abs. 2 Nr. 5 BauKaG NRW.
(2) Die Mindestdeckungssummen betragen für jeden Versicherungsfall 1,5 Millionen Euro für Personenschäden und 250.000 Euro für Sach- und Vermögensschäden. Es kann vereinbart werden, dass der Versicherer seine Gesamtleistung für alle Schadensereignisse eines Versicherungsjahres auf das Zweifache der vereinbarten Versicherungssumme begrenzt. (...)
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