Kostenvorstellungen des Bauherrn bei Planung beachten!

18. Juni 2018von Dorothee Dieudonné, 05.06.2013

Architekt A wendet sich an die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und bittet um Rechtsauskunft zu folgendem Problem:
„Mein Bauherr hat mit mir einen Vollarchitekturvertrag für die Planung eines Einfamilienhauses geschlossen. Eine ausdrückliche Bausummenobergrenze haben wir im Vertrag nicht festgelegt. Wir haben zwar zu Beginn über Baukosten in Höhe von 500 000 Euro gesprochen. Schriftlich festgehalten wurde diese Summe allerdings nicht. Der Bauherr hat mir auch nicht ausdrücklich zu verstehen gegeben, dass seine finanziellen Mittel auf die genannte Summe begrenzt sind. Ich habe zunächst eine Kostenschätzung erstellt. Bei der Kostenberechnung zeigt sich nun, dass die voraussichtlichen Baukosten mit 600 000 Euro über dem ursprünglich angesprochenen Betrag liegen. Ich habe von einer neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs gehört, wonach die vom Bauherrn gegenüber dem Architekten zum Ausdruck gebrachten Kostenvorstellungen bereits verbindlich sind. Kann für mich aufgrund dieser Entscheidung ein späteres Haftungsrisiko entstehen?“

Der Bundesgerichtshof hat seinem aktuellen Urteil vom 21.03.2013 (AZ VII ZR 230/11) entschieden, dass der Architekt verpflichtet ist, die Planungsvorgaben des Auftraggebers zu den Herstellungskosten des Bauwerks zu berücksichtigen und die ihm bekannten Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei der Planung zu beachten. Es ist dabei nicht zwingend notwendig, dass der Auftraggeber seine Kostenvorstellungen gegenüber dem Architekten selbst äußert; die Äußerung eines Familienmitglieds kann unter Umständen ausreichen.

Solche Kostenvorstellungen muss der Architekt grundsätzlich im Rahmen der Grundlagenermittlung erfragen und den wirtschaftlichen Rahmen für ein Bauvorhaben abstecken. Der Architekt muss insbesondere beim privaten Bauherrn dessen wirtschaftliche Möglichkeiten gründlich aufklären; er darf nicht ohne Rücksicht auf die finanziellen Verhältnisse des privaten Auftraggebers planen. Die vom Auftraggeber geäußerten Kostenvorstellungen sind in dem Sinne verbindlich, dass sie vorbehaltlich einer Änderung den Planungsrahmen bestimmen, wenn der Architekt ihnen nicht widerspricht. Als Architekt sind Sie daher im Laufe des Planungsprozesses gehalten, Zweifel über den Grenzbereich der vom Auftraggeber noch hingenommenen Herstellungskosten auszuräumen. Die Präzisierung oder Änderung des Kostenrahmens kann durch Vorlage einer Kostenschätzung oder Kostenberechnung erreicht werden, wie in Ihrem Fall von Ihnen erstellt.

In dem zugrundeliegenden Fall des BGH hingegen hatte der Architekt es versäumt, eine Kostenschätzung oder eine Kostenberechnung zu erstellen. Daher unterscheidet sich Ihr Fall grundlegend von dem des BGH. Durch Vornahme einer Kostenschätzung und Kostenberechnung dürfte ein Haftungsrisiko ausscheiden.

Praxishinweis:

Es ist wichtig, mit dem Bauherrn frühzeitig die wirtschaftlichen Möglichkeiten zu besprechen, ihn gründlich aufzuklären und ihn bei Präzisierung oder auch Änderung des Planungsrahmens auf Kostensteigerungen hinzuweisen. Aus Beweisgründen sollten die Gesprächsergebnisse schriftlich festgehalten werden und dem Bauherrn mit der Bitte um Bestätigung zugesandt werden. Mit der Zustimmung des Bauherrn kann der Architekt davon ausgehen, dass er auf dieser Grundlage die Planung fortsetzen darf.

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