Kündigung des Bauvertrags bei Insolvenz des Bauunternehmens

07. August 2006von pe, 07.08.2006

Architekt A. wendet sich mit folgendem Problem an die Rechtsberatung der Architektenkammer NRW: 

Mein Bauherr B. hat mit dem Bauunternehmer U. einen VOB-Vertrag über Bauleistungen geschlossen. Nunmehr haben mein Bauherr und ich erfahren, dass U. einen Insolvenzantrag über sein Vermögen gestellt hat. Daher befürchten wir eine Verzögerung des Bauvorhabens. Der Bauherr beabsichtigt, dem Unternehmer den Vertrag zu kündigen und einen anderen Handwerker mit der weiteren Erbringung der Bauleistungen zu beauftragen. Ist das ohne weiteres zulässig?“ 

Der Bauherr ist als Auftraggeber zwar bis zur Vollendung des Werks jederzeit berechtigt, den Bauvertrag zu kündigen. Steht ihm hierfür jedoch kein so genannter wichtiger Grund zur Kündigung zu, so hat der Auftragnehmer gemäß § 8 Nr. 1 VOB/B Anspruch auf die gesamte ursprünglich vereinbarte Vergütung; er muss sich dabei allerdings ersparte Aufwendungen anrechnen lassen. Wichtig zur Beurteilung ist daher, ob dem Bauherrn wegen der angemeldeten Insolvenz ein wichtiger Grund zur Kündigung zusteht. In diesem Fall bestünde keine Gefahr, dass vom Unternehmer Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden könnten.

In diesem Zusammenhang ist auf § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/B hinzuweisen. Danach kann der Auftraggeber den Vertrag kündigen, wenn der Bauunternehmer das Insolvenzverfahren beantragt hat. Dem Wortlaut der VOB/B nach steht dem Bauherrn mithin ein Kündigungsrecht zu. Zu berücksichtigen sind aber auch die Regelungen zur Insolvenzordnung. Nach § 103 InsO kann der Insolvenzverwalter, wenn ein Bauvertrag zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht vollständig erfüllt ist, verlangen, dass der Vertrag weiter erfüllt wird. Damit wäre eine Kündigung seitens des Bauherrn also ausgeschlossen. Diese Norm widerspricht § 8 VOB/B.

Das Verhältnis der beiden Gesetze zueinander ist bisher nicht eindeutig höchstrichterlich geklärt. Nach derzeit wohl herrschender Rechtslage ist entscheidend, in welchem Verfahrensstadium sich das Insolvenzverfahren befindet. Hat der Unternehmer einen Insolvenzantrag gestellt („Eigenantrag“) und ist das Insolvenzverfahren jedoch noch nicht eröffnet, so steht dem Bauherrn nach h. M. ein Kündigungsrecht zu. Das gilt aber nicht beim Antrag eines (vermeintlichen) Gläubigers, dem so genannten Fremdantrag.

Ist dagegen das Insolvenzverfahren bereits eröffnet worden, so kann der Bauherr sich nach § 8 Nr. 2 VOB/B nicht mehr einseitig vom Vertrag lösen. Hier kann der Insolvenzverwalter sein Wahlrecht ausüben. Wie oben ausgeführt, liegt eine höchstrichterliche Entscheidung noch nicht vor. 

Praxishinweis

Wichtig ist nach der derzeitigen Rechtslage mithin, in welchem Stadium des Insolvenzverfahrens sich der Bauunternehmer befindet. Sollte ein Eröffnungsbeschluss noch nicht vorliegen, ist eine Kündigung durch den Bauherrn zulässig. Diese ist regelmäßig an den Unternehmer als Vertragspartner zu richten. Nur wenn bereits eine vorläufige Insolvenzverwaltung seitens des Insolvenzgerichts angeordnet wurde und hierin dem Schuldner bereits ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wurde, ist die Kündigung an den vorläufigen Insolvenzverwalter zu richten. In Zweifelsfällen empfiehlt es sich, die Kündigung beiden zukommen zu lassen.

Teilen via