Mängelrüge beim VOB-Vertrag durch eine E-Mail unzulässig

31. Juli 2012von Michael Petri, 30.07.2012

Architekt A. wendet sich an die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und bittet um Rechtsauskunft zu folgendem Problem:

„Ich bin von einem Bauherrn mit Architektenleistungen beauftragt worden. Die Leistungsphase 9 (Objektbetreuung und Dokumentation) war ebenfalls Teil des Vertrags. Die Bauleistungen wurden im Oktober 2008 abgenommen. Nunmehr, im September 2012, stellen sich Mängel heraus. Die Bauleistungen wurden auf der Grundlage der VOB Teil B er-bracht. Kann die Mängelanzeige per E-Mail versendet werden?“

Gemäß § 13 Abs. 4 Nr. 1 VOB/B verjähren Mängelansprüche bei Mängeln an Bauwerken in vier Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit der Abnahme der Unternehmerleistungen, hier im Oktober 2008. Damit wären die Mängel mit Ablauf des September 2012 verjährt.
Die VOB/B sieht – im Gegensatz zu den Regelungen im BGB – die Möglichkeit der Verjährungsverlängerung nach schriftlicher Mängelanzeige vor. Nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B verjährt der Anspruch auf Beseitigung der gerügten Mängel in zwei Jahren, gerechnet vom Zugang des Verlangens zur Mängelbeseitigung. Dadurch kann die Verjährung auf sechs Jahre verlängert werden („Quasi-Verlängerung“).

Zu beachten ist, dass diese Vorschrift für die Mängelanzeige eine „Schriftform“ vorsieht. Dem genügt ein E-Mail-Schreiben nicht. Hierzu führt das Oberlandesgericht Frankfurt in seiner Entscheidung vom 30.04.2012 (4 U 269/11) aus: „Nach § 126 I BGB verlangt die Einhaltung der Schriftform, dass die Mängelanzeige von dem Anzeigenden eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden muss. Diese Form kann nach § 126 III BGB durch die in § 126 a BGB geregelte elektronische Form ersetzt werden.“

Eine elektronische Form im Sinne des § 126 a BGB verlangt eine sogenannte qualifizierte elektronische Signatur. Wird weder die Schriftform noch die qualifizierte elektronische Signatur bei der Übermittlung der Mängelanzeige gewählt, kann die Verjährungsfrist für die Mängel nicht verlängert werden. Es droht eine Verjährung der Mängelansprüche mit dem Ablauf des Septembers 2012.

Praxisempfehlung

Die in der Entscheidung des OLG Frankfurt vertretene Auffassung ist nicht unumstritten. Teilweise wird die Auffassung vertreten, durch die Vereinbarung der VOB/B als Vertragsgrundlage habe man sich vertraglich darauf geeinigt, dass auch eine Übermittlung per Telekommunikation, hier per E-Mail ausreiche. Solange eine einheitliche Meinung in dieser Frage nicht besteht, sollte vorsorglich eine schriftliche Form im oben genannten Sinn gewählt werden oder aber die (in der Praxis noch wenig relevante) qualifizierte elektronische Signatur. Für diesen Signaturschlüssel ist eine geeignete Soft- und Hardware erfor-derlich. Der Signaturschlüssel ist bei einem Zertifizierungsdienstanbieter zu beantragen.

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