Nutzungsrecht an Plänen
Architektin A. wendet sich an die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und bittet um Rechtsauskunft zu folgendem Problem:
„Ich habe mit meinem Bauherrn B. einen Architektenvertrag über die Leistungsphasen 1 – 4 geschlossen. Mit weiteren Leistungen wurde ich nicht beauftragt. Obwohl die Baugenehmigung vorliegt, wird B. das Bauvorhaben nun nicht realisieren, weil das betreffende Grundstück an einen anderen Interessenten verkauft wurde. Dieser möchte nun das Bauvorhaben entsprechend meiner Planung realisieren. Mit B. habe ich im Architektenvertrag, jedoch keine ausdrückliche Regelung zur Frage der Übertragung von Nutzungsrechten getroffen. Kann ich meine bereits für B. erstellte Planung an den Käufer des Grundstücks verkaufen?“
In einem ähnlichen Fall hat das OLG Hamm (Urteil vom 29.11.2011, 21 U 58/11) festgestellt, dass die wiederholte entgeltliche Verwendung von Planunterlagen für dasselbe Bauvorhaben unzulässig ist, weil der Architekt hierdurch seine Vertragspflichten gegenüber seinem Auftraggeber schuldhaft verletzt und ohne Rechtsgrund in das Nutzungsrecht des Auftraggebers an den Plänen eingreift. Haben die Vertragsparteien keine ausdrückliche Regelung im Architektenvertrag zum Umfang des dem Auftraggeber übertragenen Nutzungsrechts an den Plänen getroffen, so ist der Vertrag auszulegen.
Ist im Vertrag die Erbringung der Leistungen Grundlagenermittlung bis Genehmigungsplanung vereinbart, hat der Architekt die Pläne seinem Auftraggeber für die einmalige Errichtung des Bauwerks zur Verfügung zu stellen. Nach der sogenannten Zweckerreichungstheorie räumt der Urheber dem Vertragspartner - zumindest stillschweigend - die Rechte ein, die für die Erreichung des Vertragszweckes erforderlich sind. Dem Auftraggeber wird daher das einmalige urheberrechtliche Nutzungsrecht bezüglich des konkreten Bauvorhabens übertragen.
Diese Übertragung ist nach Ansicht des Gerichts durch die Honorarsätze der HOAI mit abgegolten. Ist jedoch nur die Vorplanung oder Entwurfsplanung beauftragt, wird, sofern keine anderweitige vertragliche Vereinbarung besteht, ein Nutzungsrecht nach allgemeiner Auffassung noch nicht übertragen.
Wenn man die Auffassung des OLG Hamm zugrunde legt, dürfen Sie die Pläne für das konkrete Bauvorhaben auf demselben Grundstück nicht erneut verwerten, indem Sie diese an den Käufer des Grundstücks verkaufen. Sollten Sie dies dennoch tun, hätten Sie nach der Entscheidung des OLG Hamm den aus dem Verkauf erzielten Erlös an B. herauszugeben.
Praxisempfehlung:
Die Entscheidung des OLG Hamm ist noch nicht rechtskräftig und durchaus problematisch. Daher hat das OLG die Revision ausdrücklich zugelassen. Nun muss sich der BGH erstmalig mit der Problematik der wiederholten Verwendung von Plänen durch Architekten bezogen auf dasselbe Grundstück befassen.
Bislang unstrittig ist, dass ein Architekt seine Planung jedenfalls erneut an anderer Stelle verwenden kann. Architekten ist generell zu empfehlen, Regelungen zur Übertragung von Nutzungs- und Verwertungsrechten ausdrücklich im Architektenvertrag zu vereinbaren. Zum Thema Urheberrecht steht für Mitglieder der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen zudem ein Praxis-Hinweis zur Verfügung, der auf der Homepage der AKNW abgerufen werden kann.
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