Pflichten zur Information des Bauherrn
Architekt A wendet sich mit folgender Frage an die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen: „Mein Auftraggeber hat mich im Rahmen des Abschlusses eines Architektenvertrages für den Neubau eines Einfamilienhauses um Angaben zu meiner Berufshaftpflichtversicherung gebeten. Muss ich meinem Auftraggeber meine Berufshaftpflichtversicherung sowie die Höhe der Deckungssummen benennen?“
Ja, eine solche Verpflichtung ergibt sich aus § 22 Abs. 2 Nr. 5 Baukammerngesetz NRW (BauKaG NRW) i. V. m. § 19 Durchführungsverordnung Baukammerngesetz NRW (DVO BauKaG NRW). Die Unterhaltung einer ausreichenden Berufshaftpflichtversicherung stellt gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 5 BauKaG NRW i. V. m. § 19 DVO BauKaG NRW eine Berufspflicht der Kammermitglieder dar. Die Mindestversicherungssummen betragen gemäß § 19 Abs. 2 DVO BauKaG NRW 250.000 € für Sach- und Vermögensschäden und 1,5 Mio. € für Personenschäden. Die Berufshaftpflichtversicherung kann als durchlaufende Jahresversicherung oder als objektbezogene Einzelfallversicherung abgeschlossen werden.
Auskunftspflicht gegenüber Bauherren
Es stellt weiterhin gemäß § 19 Abs. 5 DVO BauKaG NRW eine Berufspflicht der Kammermitglieder dar, dem Bauherrn gegenüber Angaben über seinen Berufshaftpflichtversicherungsschutz zu machen. Nach § 19 Abs. 5 Satz 1 DVO BauKaG NRW ist das Bestehen einer Berufshaftpflichtversicherung gegenüber der Auftraggeberin oder dem Auftraggeber bei Vertragsabschluss durch Vorlage einer Bestätigung des Versicherers nachzuweisen. Nach § 19 Abs. 5 Satz 3 DVO BauKaG NRW ist die Auftraggeberin oder der Auftraggeber auf Verlangen umfassend über Inhalt und Umfang des Versicherungsschutzes zu unterrichten.
Diese Unterrichtungspflicht der Architekten hat das Landesberufsgericht für Architektinnen und Architekten beim Oberverwaltungsgericht NRW in einer kürzlich ergangenen Entscheidung bestätigt (vgl. OVG NRW, Urteil vom 19.06.2013, Az.: 6 f A 1520/12.S). Das Gericht hat klargestellt, dass die in § 19 Abs. 5 DVO BauKaG NRW enthaltene Unterrichtungspflicht auch noch nach Vertragsabschluss besteht. Die Frage nach der Versicherung des Architekten wird in einer Vielzahl der Fälle erst einige Zeit nach Vertragsschluss, d.h. in der Regel bei Eintritt eines Schadens relevant. Nach Ansicht des Gerichts besteht jedoch auch in diesem Fall eine Bekanntgabepflicht, obwohl der Wortlaut des § 19 Abs. 5 Satz 1 DVO BauKaG NRW lediglich auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abstellt. Nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung bestehe die Unterrichtungspflicht bei Vorliegen eines vertraglichen Verhältnisses jederzeit.
Keine zeitliche Begrenzung
Hierzu hat das Gericht ausgeführt: „Während die Nachweispflicht gemäß § 19 Abs. 5 Satz 1 DVO BauKaG NRW dem Vertragspartner im Vorhinein sichere Kenntnis darüber vermitteln soll, dass der zu beauftragende Architekt ordnungsgemäß versichert ist, soll mit der Unterrichtungspflicht der Vertragspartner in Stand gesetzt werden, sich bei Bedarf, namentlich bei eingetretenen Schäden, über den Umfang der (dann aktuellen) Versicherung informieren zu können. Ein Grund dafür, diese dem Schutz der Vertragspartner dienende Verpflichtung lediglich auf den Vertragsabschluss zu beschränken, besteht nicht; vielmehr kann ein Bedürfnis nach Kenntnis des Haftpflichtversicherungsschutzes ohne Weiteres und gerade im Verlaufe der sich anschließenden Architektentätigkeit entstehen. Bezöge man die Unterrichtungspflicht gemäß § 19 Abs. 5 Satz 3 DVO BauKaG NRW lediglich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, begünstigte dies ungerechtfertigter Weise gerade denjenigen, der […] bereits seine Verpflichtung zum Nachweis einer Versicherung aus § 19 Abs. 5 Satz 1 DVO BauKaG NRW verletzt hat. Zudem liefe der Auftraggeber Gefahr, sein weiteres Vorgehen unter Umständen auf zeitlich überholte Vertragsgrundlagen stützen zu müssen.“
In dem vom Gericht entschiedenen Fall wurde der Beschuldigte wegen Nichtabschluss einer Berufshaftpflichtversicherung und Nichtbekanntgabe dieser an seine ehemaligen Bauherren zu einem Verweis und einer Geldbuße verurteilt.
Praxishinweis
Es ist zu empfehlen, bereits bei Abschluss des Architektenvertrages den Auftraggeber auf das Bestehen einer Berufshaftpflichtversicherung hinzuweisen und hierzu Regelungen in den Architektenvertrag aufzunehmen. Die Verpflichtung zur Benennung der Berufshaftpflichtversicherung besteht darüber hinaus nach der am 17.05.2010 in Kraft getretenen Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung (DL-InfoV). Verstöße gegen diese Verordnung können mit Bußgeldern geahndet oder wettbewerbsrechtlich verfolgt werden. Weitere Informationen können dem Praxishinweis „Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung“, der im Internet abrufbar ist, entnommen werden.
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