Planungsleistung als Hoffnungsinvestition
Architektin A wendet sich an die Architektenkammer NRW mit der folgenden Frage: „Für einen Auftraggeber habe ich die LPH 1-3 erbracht und streite mich nunmehr mit ihm darüber, ob es sich um eine honorarpflichtige Planungsleistung oder aber um eine unentgeltliche Akquisemaßnahme handelt. Einen ausdrücklichen Planervertrag haben wir weder schriftlich noch mündlich geschlossen. Während der LPH 2 hatte ich ihm allerdings ein schriftliches Angebot zum Abschluss eines Planervertrages zukommen lassen. Zu dem Angebot hatte er sich nicht geäußert, jedoch im Anschluss weitere Planungsleistungen abgerufen, welche – inhaltlich – den zu diesem Zeitpunkt noch ausstehenden Grundleistungen der LPH 2 und 3 aus dem Angebot zuzuordnen sind. Ist es daher evtl. zu einem konkludenten Vertragsschluss gekommen? Habe ich einen Anspruch auf Honorierung der von mir erbrachten Planungsleistungen?“
Ob eine honorarfreie Akquisetätigkeit oder „schon“ eine honorarpflichtige Planungsleistung vorliegt, hängt stets von den Umständen des Einzelfalles ab. In einer ähnlichen Konstellation hat das OLG Düsseldorf in einem Urteil vom 24.08.2021 – 23 U 64/19 – ausgeführt, dass für die Frage des konkludenten Vertragsschlusses auf den durch schlüssiges Verhalten zum Ausdruck gebrachten Rechtsbindungswillen des Auftraggebers abzustellen sei, wie er sich aus der Sicht eines objektiven Betrachters unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nach Treu und Glauben darstelle. Das Gericht macht deutlich, dass „nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht vermutet werden (könne), dass Planungsleistungen nur aufgrund eines bestehenden Vertragsverhältnisses erbracht werden“. Denn es könne sich bei diesen „ebenso gut um Hoffnungsinvestitionen in einer Vertragsanbahnungssituation handeln“. Die Annahme eines Vertragsschlusses sei nur dann gerechtfertigt, wenn jenseits entgegengenommener Planungsleistungen zusätzlich Umstände unstreitig oder bewiesen seien, die auf einen rechtsgeschäftlichen Annahmewillen des Auftraggebers schließen lassen.
In dem entschiedenen Fall wertete das Oberlandesgericht die Vorlage des Angebots sowie die sich anschließende weitere Abrufung und Entgegennahme von Planungsleistungen durch den Auftraggeber als solch einen zusätzlichen Umstand. Die Vorlage des Angebots markiere die „beiderseits ersichtliche Zäsur für das Ende der Akquisitionsphase“. Indem der Auftraggeber sodann in der nachfolgenden Zeit im Angebot aufgeführte Leistungen abrief, habe er konkludent die Annahme des Angebots erklärt und einen Auftrag erteilt.
Praxistipp
Auch wenn das OLG Düsseldorf im entschiedenen Fall dem Planer Recht gegeben und ihm einen Anspruch auf Honorierung der von ihm erbrachten Planungsleistungen zugesprochen hat, spiegelt sich in der Begründung die missliche Lage des Planers bzw. der Planerin wider. Er oder sie muss den Vertragsschluss nachweisen. Auf einen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach kein Bauherr erwarten kann, dass der Planer unentgeltlich Leistungen erbringt, kann er sich dabei nicht berufen.
Die unter vielen Bauherren verbreitete (Fehl-)Annahme, dass der anfängliche Planungsaufwand gering sei und daher von dem Planer regelmäßig unentgeltlich – als Akquisemaßnahme – erbracht werde, kann im Einzelfall zu dem Auslegungsergebnis führen, dass es zu keinem Abschluss eines Vertrages über eine entgeltliche Planungsleistung gekommen ist. Dies gilt vor allem für Planungsleistungen in den frühen Leistungsphasen. Um erst gar nicht in eine solche Situation zu geraten, kann nur geraten werden, stets zeitnah auf den ausdrücklichen Abschluss eines Planvertrages zu drängen und im Falle einer „Unterschriftenblockade“ des Bauherrn zumindest die ersten „wertvollen“ Zeichnungen und Informationen erst nach einer ausdrücklichen Beauftragung – schriftlich oder per Mail -herauszureichen.
Für weitere Informationen zur Abgrenzung der honorarfreien Akquise von der honorarpflichten Planungstätig-keit und zum Umgang mit zahlungsunwilligen Auftraggebern lesen Sie bitte die Ausführungen im Praxishinweis „PH 17“ .
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