Rechtstipp: Umfang der Objektbetreuung

06. Dezember 2004von pe, 06.12.2004

Architekt A. wendet sich an die Architektenkammer NW und bittet um Rechtsauskunft zu folgendem Problem: 

„Ich habe mit dem Bauherrn einen Architektenvertrag über die Errichtung eines Neubauvorhabens geschlossen. Der Vertrag umfasste die Leistungsphasen 1 bis 9 des § 15 HOAI. Das Vorhaben wurde 1992 fertig gestellt. Seit 1998 traten im Flachdachbereich des Objekts Feuchtigkeitserscheinungen auf. Der Bauherr hat diesbezüglich den Dachdecker, mit dem eine zehnjährige Gewährleistungsfrist vereinbart wurde, informiert und zur Mängelbeseitigung aufgefordert. Dies geschah, ohne dass ich hierzu eingeschaltet wurde. Der Dachdecker hat mehrfach Versuche unternommen, die Mängel abzustellen. Hierbei hat er sich auf provisorische Maßnahmen beschränkt. Daher traten seit 2001 wiederholt Feuchtigkeitsschäden im Dachbereich auf.

Im Jahre 2002 wurde der Dachdecker insolvent. Nunmehr versucht der Bauherr, mich für diese Schäden in Anspruch zu nehmen. Er begründet dies damit, dass ich im Rahmen des Architektenvertrags auch mit der Leistungsphase 9 beauftragt worden sei. Daraus ergebe sich die Pflicht, nach Beendigung der Bauarbeiten das Dach in regelmäßigen Abständen zu untersuchen. Wäre eine derartige Untersuchung frühzeitig durchgeführt worden, so wäre es möglich gewesen, den Dachdecker vor dessen Insolvenz umfassend in Anspruch zu nehmen, und das Dach fachmännisch zu reparieren. Kann mich der Bauherr verantwortlich machen?“ 


Nein. Ein vergleichbarer Sachverhalt wurde vom Oberlandesgericht Hamm am 09.01.2003 (Az: 17 U 91/01) entschieden. Danach besteht im Rahmen der Leistungsphase 9 keine Pflicht des Architekten, das Bauobjekt während der Gewährleistungsfrist des Unternehmers von sich aus in regelmäßigen Abständen im Hinblick auf aufgetretene Mängel zu kontrollieren. Hierzu hat das Gericht ausgeführt: "Übernimmt ein Architekt - wie hier - auch die Objektbetreuung gem. § 15 Abs. 2 Nr. 9 HOAI (Leistungsphase 9), so hat er die Ansprüche des Bauherrn während der Gewährleistungsfrist gegenüber den Unternehmern festzustellen und bei Vorliegen von Mängeln deren Beseitigung zu veranlassen. Eine Pflicht des Architekten, eine Objektbegehung durchzuführen, besteht jedoch nicht während des gesamten Gewährleistungszeitraumes, sondern grundsätzlich nur einmal kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist."

Das ergibt sich eindeutig aus der ersten Grundleistung der Leistungsphase 9, der "Objektbegehung zur Mängelfeststellung vor Ablauf der Verjährungsfristen der Gewährleistungsansprüche gegenüber den bauausführenden Unternehmen". Durch diese Leistung soll der Architekt ermöglichen, dass der Bauherr vor dem Ablauf der Verjährungsfrist den Bauunternehmer gegebenenfalls noch in Anspruch nehmen kann.
In dem von Ihnen geschilderten Fall hat Ihr Bauherr seine Ansprüche auf Mängelbeseitigung selbst in Anspruch genommen, ohne sie darüber in Kenntnis zu setzen. Die Mängel waren ihm bereits seit Jahren bekannt. Daher bedarf es eines Schutzes gemäß der oben geschilderten ersten Grundleistung der Leistungsphase 9 nicht.

Entsprechend den Ausführungen des o. g. Urteils können Sie für die Mängel  nicht verantwortlich gemacht werden.

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