Sachwalterhaftung des Architekten bei Überwachung und Betreuung

20. Juni 2017von Dorothee Dieudonné, Juni 2017

Architekt A wendet sich an die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und bittet um Rechtsauskunft zu folgendem Problem:
„Beim Bau eines Geschäftshauses war ich mit Planungs- und Überwachungsleistungen beauftragt. Meine Planung sah eine Abdichtung gegen drückendes Grundwasser vor. Nach Ablauf von Gewährleistungsfristen stellt der Bauherr fest, dass Wasser in den Keller seines Gebäudes eingetreten ist. Muss ich dem Bauherrn bei der Feststellung und Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen behilflich sein? Hafte ich als Architekt in der Schadensangelegenheit möglicherweise auch nach Ablauf der Gewährleistungsfristen?“


Mit Eintritt der Verjährung von Gewährleistungs- bzw. Sachmängelansprüchen ist die Haftung zwar grundsätzlich ausgeschlossen. In Ausnahmefällen kommt jedoch eine Sachwalterhaftung des Architekten in Betracht.

Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen kann sich aus einer zentralen Stellung des Architekten bei der Planung und Überwachung in Bezug auf das Bauvorhaben und damit besonderen Vertrauensstellung des Architekten gegenüber dem Bauherrn, der „Sachwalterstellung“, ein Anknüpfungspunkt für die Sekundärhaftung ergeben.

Im Rahmen dieser besonderen Betreuungsaufgabe obliegt dem Architekten nicht nur die Wahrung der Auftraggeberrechte gegenüber bauausführenden Firmen, sondern auch und zunächst die objektive Klärung der Mängelursachen, selbst wenn zu diesen eigene Planungs- oder Aufsichtsfehler gehören. Eine Vertragsverletzung durch pflichtwidrige Unterlassung jeglicher Untersuchung und Beratung, mit der ein Architekt möglicherweise sogar die Verjährung der gegen ihn selbst bestehenden Ansprüche herbeiführt, begründet einen weiteren Schadensersatzanspruch dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche als nicht eingetreten gilt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bereits im Jahr 2009 (VII ZR 134/08) entschieden, dass der umfassend beauftragte Architekt, der auch mit Leistungen der Bauausführung wie der Objektüberwachung und/oder der Objektbetreuung beauftragt ist, eine besondere Vertrauensstellung innehat, aus der sich eine Sachwalterhaftung ableitet. Nach einer aktuellen Entscheidung des OLG Brandenburg vom 21.12.2016 (4 U 30/15) reicht sogar die isolierte Übertragung von Leistungen der Objektüberwachung und/oder der Objektbetreuung bereits für eine derartige Sachwalterstellung aus.

Sofern Sie mit umfassenden Planungs- und Überwachungsleistungen beauftragt waren, kommt eine Sekundärhaftung nach den Grundsätzen der Rechtsprechung auch nach Ablauf der Gewährleistungsfristen in Betracht. Es besteht insoweit auch eine Verpflichtung, dem Bauherrn bei der Feststellung möglicher Schadensersatzansprüche behilflich zu sein.

Praxistipp
Auch der nicht umfassend beauftragte Architekt kann Sachwalter des Bauherrn sein. Immer dann, wenn der Architekt Betreuungspflichten im Zusammenhang mit der Errichtung eines Bauvorhabens übernimmt, entsteht das für die Sachwalterhaftung erforderliche Vertrauensverhältnis. Derartige Betreuungspflichten schuldet der mit der Objektüberwachung oder der Objektbetreuung Beauftragte. Wer hingegen nur Planungsleistungen wie die Leistungsphasen 1 bis 6 im Sinne der HOAI übernimmt, ist kein Sachwalter.

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