Sachwalterhaftung des Architekten nur bei umfassender Beauftragung

08. Juni 2011von di, 08.06.2011

Architektin A wendet sich an die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und bittet um Rechtsauskunft zu folgendem Problem: 

„Bei dem Bau eines Geschäftshauses war ich mit Planungsleistungen der Leistungsphasen 1 bis 5 beauftragt. Meine Planung sah eine Abdichtung gegen drückendes Grundwasser vor. Die weiteren Leistungsphasen wurden mir nicht übertragen. Das Bauvorhaben wurde durch eine bauausführende Firma fertig gestellt. Nach Ablauf von Gewährleistungsfristen stellt der Bauherr fest, das Wasser in den Keller seines Gebäudes eingetreten ist. Muss ich dem Bauherrn bei der Feststellung und Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen behilflich sein? Hafte ich als Architektin in der Schadensangelegenheit möglicherweise auch nach Ablauf der Gewährleistungsfristen? Wie ist die Rechtslage?“

 Mit Eintritt der Verjährung von Gewährleistungs- bzw. Sachmängelansprüchen ist die Haftung zwar grundsätzlich ausgeschlossen. In Ausnahmefällen kommt jedoch eine Sachwalterhaftung des Architekten gegenüber dem Bauherrn in Betracht. 

Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen kann sich aus einer besonderen Vertrauensstellung eines Architekten gegenüber dem Bauherrn, der Sachwalterstellung, ein Anknüpfungspunkt für die Sekundärhaftung ergeben. Im Rahmen dieser besonderen Betreuungsaufgabe obliegt dem Architekten nicht nur die Wahrung der Auftraggeberrechte gegenüber bauausführenden Firmen, sondern auch und zunächst die objektive Klärung der Mängelursachen, selbst wenn zu diesen eigene Planungs- oder Aufsichtsfehler gehören. Eine Vertragsverletzung durch pflichtwidrige Unterlassung jeglicher Untersuchung und Beratung, mit der ein Architekt möglicherweise sogar die Verjährung der gegen ihn selbst bestehenden Ansprüche herbeiführt, begründet einen weiteren Schadensersatzanspruch dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche als nicht eingetreten gilt. 

Der BGH hat in einer Entscheidung vom 23.07.2009 (VII ZR 134/08) jedoch klargestellt, dass lediglich der umfassend beauftragte Architekt, der auch mit Leistungen der Bauausführung wie der Objektüberwachung und der Objektbetreuung beauftragt ist, eine besondere Vertrauensstellung innehat, aus der sich eine Sachwalterhaftung ableitet. Die zur Sekundärhaftung entwickelten Grundsätze sind nicht auf einen Architekten anwendbar, der lediglich mit Planungsaufgaben beauftragt worden ist. 

Sofern Sie lediglich mit planerischen Leistungen bis zur Ausführungsplanung beauftragt waren, scheidet eine Sekundärhaftung nach den Grundsätzen der Rechtsprechung aus. Es besteht insofern auch keine Verpflichtung mehr, dem Bauherrn bei der Feststellung möglicher Schadensersatzansprüche behilflich zu sein. Bei einer umfassenden Beauftragung einschließlich der Objektüberwachung wäre die Rechtslage jedoch unter Umständen anders zu beurteilen.

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