„Überwachungsintensive“ Bauleitung bei Betonarbeiten

07. August 2017von Dorothee Dieudonné

Architekt B wendet sich an die Architektenkammer NRW und bittet um Rechtsauskunft zu folgendem Problem: „Mein Auftraggeber hatte mich mit der Bauleitung für die Ausführung eines Kellers mit ‚Weißer Wanne‘ beauftragt. Einige Jahre nach Abschluss des Vorhabens ist es zu einem Feuchtigkeitsschaden im Keller gekommen. Nach den Feststellungen eines vom Auftraggeber eingeholten Sachverständigengutachtens beruht der Feuchtigkeitsschaden auf Ausführungsfehlern des bauausführenden Unternehmens im Bereich der Betonierung des Kellergeschosses. Der Gutachter hat festgestellt, dass der Beton nicht ausreichend verdichtet worden ist. Habe ich als Architekt mit einer Inanspruchnahme aufgrund meiner Bauleitung zu rechnen?“

Das könnte sein. Nach der Rechtsprechung, jüngst bekräftigt durch das Urteil des OLG Düsseldorf vom 07.04.2016 (AZ: 5U 135/14), besteht für den bauleitenden Architekten bei kritischen Bauabschnitten, die besondere Gefahrenquellen bergen, eine erhöhte Überwachungspflicht. 
Bei Betonierungs- und Bewehrungsarbeiten, Ausschachtungs- und Unterfangungsarbeiten sowie vergleichbaren Arbeiten handelt es sich nach Auffassung des Gerichts um kritische Arbeiten, bei denen typischerweise ein hohes Mängelrisiko besteht. Solche Arbeiten müssen nach Auffassung der Rechtsprechung in besonderer, gesteigerter Weise vom Architekten beobachtet und überprüft werden. Dies gilt insbesondere auch bei Bewehrungs- bzw. Betonierungsleistungen zur Herstellung einer „weißen Wanne“. Allgemein gehören die Abdichtungs- und Isolierungsarbeiten zu den Bauabschnitten bzw. Bauleistungen, die besondere Gefahrenquellen mit sich bringen und damit eine verstärkte Wahrnehmungs- und Überwachungstätigkeit des Architekten erfordern.
Ein Fehler beim sach- und fachgerechten Betonieren stellt zwar zunächst einmal einen Ausführungsmangel dar. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung ist eine Inanspruchnahme des bauleitenden Architekten aufgrund mangelhafter Objektüberwachung jedoch nicht auszuschließen. 

Der Architekt haftet dem Bauherrn neben dem Unternehmer zwar nicht für jede Art von Ausführungsfehlern. Besondere Sorgfalt des Architekten ist allerdings im Rahmen der Bauüberwachung bei der Ausführung eines Kellers als sogenannte weiße Wanne angezeigt. Der Überwachungstätigkeit des Architekten sind wiederum Grenzen gesetzt, die sich aus dem von ihm zu erwartenden Wissensstand ergeben. Es obliegt dem Architekten aber zumindest zu kontrollieren, ob bei der Ausführung die notwendigen Arbeitsschritte durchgeführt werden und ob sauber, kontrolliert, sorgfältig und mit geschulten Mitarbeitern gearbeitet wird. Es ist insoweit Aufgabe des Architekten, die Zuverlässigkeit und Qualität des ausführenden Unternehmens einzuschätzen.

Aufgrund Ihrer Obliegenheit gegenüber Ihrer Berufshaftpflichtversicherung sollten Sie den bei dem Bauvorhaben eingetretenen Feuchtigkeitsschaden Ihrem Versicherer anzeigen. 

Praxishinweis
Sogar auch bei einfachen, gängigen Tätigkeiten im Sinne handwerklicher Selbstverständlichkeiten, die für die Funktionalität der Gesamtwerkleistung unter Umständen nicht wichtig sind, sind für den Architekten im Rahmen der Bauüberwachung zumindest Stichproben auch in Bezug auf die Auswahl des dabei eingesetzten Materials und dessen Übereinstimmung mit den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses während und am Ende der Ausführung des jeweiligen Gewerkes vorzunehmen. 

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