Überwachungspflicht: Bauwerk muss gegen Witterung gesichert sein
Architekt A wendet sich mit folgender Frage an die Rechtsberatung der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen: „Ich bin von meinem Bauherrn mit der Planung und Objektüberwachung eines Mehrfamilienhauses beauftragt worden. Nach Fertigstellung des Erdgeschosses kommt es zu Finanzierungsschwierigkeiten seitens des Bauherrn. Die weiteren Arbeiten an den Gewerken werden daher eingestellt. Mein Bauherr, der das fertiggestellte Erdgeschoss bereits nutzt, teilte mir mit, nur noch die zwingend erforderlichen Leistungen auszuführen. Aufgrund starker Niederschläge kam es kurz danach durch Wasseransammlungen zu einem Wassereintritt über eine Seitentüre des Erdgeschosses in das Gebäude. Mein Bauherr verlangt nun von mir Schadensersatz wegen des eingetretenen Feuchtigkeitsschadens. Zu Recht?“
Ja, Sie haften Ihrem Bauherrn auf Ersatz des eingetretenen Feuchtigkeitsschadens, weil Sie im Rahmen Ihrer Bauüberwachungsleistungen gegen die Pflicht verstoßen haben, das Gebäude gegen das Eindringen von Oberflächenwasser durch die Seitentüre zu schützen (vgl. auch OLG Celle, Urteil vom 01.08.2007, 7 U 174/06).
Den Architekten trifft nach ständiger Rechtsprechung die Verkehrssicherungspflicht, typische Gefahrenquellen vorzubeugen und sie ggf. abzuwenden (vgl. BGH, Urteil vom 11.10.1990, VII ZR 120/89). Im Rahmen der Ihnen obliegenden Verkehrssicherungspflicht hätten Sie daher Schutzmaßnahmen ergreifen müssen, d.h. zumindest für eine provisorische Ableitung des anfallenden Oberflächenwassers sorgen müssen. In einem vergleichbaren Verfahren hat das OLG Celle kürzlich mit Urteil vom 14.06.2020 (Az: 14 U 20/20) entschieden, dass dem Bauherrn gegenüber dem Architekten auch kein Mitverschulden trifft, wenn dieser seine Verkehrssicherungspflichten wirksam auf den Architekten übertragen hat und der Bauherr seine reduzierten Sorgfaltspflichten erfüllt. Der Bauherr darf sich dann darauf verlassen, dass der Architekt seine Überwachungsleistung fachgerecht erbringt und geeignete Schutzmaßnahmen ergreift. Der Bauherr muss allerdings aktiv werden, wenn er Zweifel daran hat, dass der Architekt seinen Pflichten nachkommt.
In Ihrem Fall bestanden solche Zweifel nicht. Auch hatte der Bauherr klar formuliert, dass alle zwingend notwendigen Maßnahmen trotz Baustopps ausgeführt werden sollten. Sie haften dem Bauherrn daher auf Ersatz des ihm entstandenen Schaden, ohne dass ein Mitverschulden des Bauherrn zu berücksichtigen ist.
Den Architekten bzw. die Architektin trifft die primäre Pflicht, vorhersehbare Schäden am Bauwerk zu vermeiden und es vor Witterungseinflüssen zu schützen. Der Architekt muss geeignete Maßnahmen ergreifen, um bei einem Starkregenereignis die Gefahr eines Wassereintritts in das Gebäude zu vermeiden. Hierbei stehen möglicherweise mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl. Der Bauherr muss dann - nach Beratung durch den Architekten bzw. die Architektin - im Einzelfall entscheiden, welche Maßnahmen vom Architekten vorgenommen werden sollen. Der Architekt muss jedoch zumindest den Bauherrn auf die Durchführung dringend notwendiger Schutzmaßnahmen hinweisen, um seiner Haftung zu entgehen.
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