Umbauzuschlag bei gleichzeitigem Um- und Erweiterungsbau
Architektin A wendet sich mit einer Frage aus der Rubrik Architektenhonorar an die Rechtsberatung der AKNW: „Anfang 2014 wurde ich für den Umbau und die Erweiterung eines Einfamilienhauses mit den Leistungsphasen 1 – 8 beauftragt. Ich hatte mit meinen Bauherren vertraglich einen Umbauzuschlag vereinbart. Meine Leistungen habe ich bereits abrechnen können. Gestern sagte mir ein Kollege, die anrechenbaren Kosten müssten bei einer gleichzeitigen Durchführung von Leistungen bei einem Um- und Erweiterungsbau getrennt ermittelt und entsprechend das Honorar getrennt berechnet werden. Er meinte, der BGH hätte erst vor kurzem entschieden, der Umbauzuschlag könne nur für den Teil des Honorars in Ansatz gebracht werden, der den Umbau betrifft. Ich bin nun etwas verunsichert, weil ich den vereinbarten Umbauzuschlag für das ‚volle‘ Honorar in Ansatz gebracht habe. Habe ich etwa falsch abgerechnet?“
Nein, das haben Sie nicht. Der Beschluss des BGH vom 24.04.2015 (Az: VII ZR 18/13) befasste sich mit einem Architektenvertrag, auf den die HOAI 1996 anzuwenden war. Nach § 23 Abs. 1 HOAI 1996 waren die anrechenbaren Kosten bei gleichzeitiger Durchführung von Um- und Erweiterungsbauten getrennt festzustellen und das Honorar entsprechend getrennt zu berechnen. Der BGH stellte für seinen „Altfall“ klar, dass der Umbauzuschlag nach § 24 Abs. 1 HOAI 1996 in einem solchen Falle grundsätzlich nur für das den Umbau betreffende Honorar in Ansatz gebracht werden könne, sofern die Leistungen des Architekten für Umbau und Erweiterungsbau tatsächlich voneinander trennbar seien. Die Vorschrift des § 23 HOAI 1996 wurde bereits mit der HOAI 2009 abgeschafft und galt bereits nicht mehr für Leistungen, die nach Inkrafttreten der HOAI 2009 vertraglich vereinbart wurden. Auch die HOAI 2013 enthält keine Regelung über die getrennte Abrechnung von Leistungen bei gleichzeitiger Durchführung eines Um- und Erweiterungsbaus. Dies hat nach überzeugender und wohl herrschender Auffassung zur Folge, dass das Gesamthonorar für beide Teilleistungen die korrekte Bezugsgröße für den Umbauzuschlag darstellt. (Seifert in Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 8. Auflage, § 35 Rn. 23 ff.; andere Auffassung, nach der ein Zuschlag nur für den Anteil des Umbaus in Ansatz zu bringen ist, Preussner, BauR 2012, 711, 717). Der Umfang der Umbauleistungen ist bei diesem Vorgehen durch einen der Höhe nach angepassten Zuschlag zu berücksichtigen.
Praxistipp:
Nach § 36 Abs. 1 HOAI 2013 kann bei einem durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad ein Umbauzuschlag bis 33 Prozent auf das ermittelte Honorar schriftlich vereinbart werden. Sofern keine schriftliche Vereinbarung getroffen wird, wird gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 HOAI 2013 unwiderleglich vermutet, dass ein Zuschlag von 20 Prozent ab einem durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad vereinbart ist. Wird – wie bei einem Umbau üblich – vorhandene Bausubstanz im Sinne von § 2 Abs. 7 HOAI 2013 mitverarbeitet, ist der Umfang der mitzuverarbeitenden Bausubstanz gemäß § 4 Abs. 3 HOAI 2013 bei den anrechenbaren Kosten angemessen zu berücksichtigen. Dabei schließen sich Umbauzuschlag und die Berücksichtigung der mitzuverarbeitenden Bausubstanz nicht gegenseitig aus, sondern können (aufgrund der unterschiedlichen Ziele) nebeneinander Anwendung finden: Während der Architekt durch die (mindestsatzrelevante!) Berücksichtigung der mitzuverarbeitenden Bausubstanz nicht schlechter gestellt werden soll als bei der Errichtung eines Neubaus, trägt der Umbauzuschlag, den die Parteien vertraglich auch „auf null“ setzen können (nicht mindestsatzrelevant!), dem Umstand Rechnung, dass Umbausituationen üblicherweise einen erhöhten Schwierigkeitsgrad aufweisen.
Teilen via