Umplanung aufgrund neuer Sonderbauverordnung
Architekt A wendet sich mit folgender Frage an die Kammer: „Ich bin bei einem größeren Bauprojekt, zu dem auch eine Tiefgarage gehört, gerade mitten in der LPH 3. Bei uns sind damit zugleich üblicherweise auch schon erhebliche Teile der Ausführungsplanung (LPH 5) weitgehend fertiggestellt. Nun ist am 5. Januar 2017 die neue Sonderbauverordnung (SBauVO) in Kraft getreten, die u.a. geänderte Stellplatzbreiten vorsieht. Dadurch können wir mit dem bisherigen Planungsstand die notwendige Stellplatzanzahl nicht mehr erreichen und müssen das Stützenraster umplanen. Es entsteht jetzt kurzfristig ein beträchtlicher Umplanungsaufwand. Zudem steigen absehbar die Baukosten erheblich. - Kann der Bauherr uns hierfür haftbar machen?“
Ein Schadensersatzanspruch des Bauherrn dürfte sich kaum begründen lassen. Die neue SBauVO ist ohne Übergangsfrist in Kraft getreten. Lediglich bereits eingeleitete Genehmigungsverfahren können auf Antrag noch nach altem Recht abgewickelt werden (§ 150 Abs. 2 SBauVO). Sind die Folgen des neuen Rechts für den Bauherrn ungünstig, sollte zunächst in Gesprächen mit der Bauaufsicht sondiert werden, ob eine Abweichung (§ 73 Abs. 1 BauO NRW) erreicht werden kann. Gelingt dies nicht, ist die Planung allerdings dem neuen Recht anzupassen, denn der Architekt schuldet eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Eine nicht der SBauVO entsprechende Planung wäre daher mangelhaft.
Dass sich mit dieser Planungsänderung die Baukosten erhöhen und zwar womöglich auch über den der Kostenschätzung üblicherweise zuzubilligenden Toleranzrahmen hinaus, liegt nicht im Verantwortungsbereich des Architekten, sondern geht auf eine gesetzgeberische Entscheidung zurück. Zwar war absehbar, dass in zeitlicher Nähe zur neuen BauO NRW auch eine geänderte SBauVO in Kraft treten würde. Wann und mit welchem Inhalt genau dies der Fall sein würde, konnten aber selbst Fachleute nicht vorhersagen. Auch die Mustergaragenverordnung der ARGEBAU gibt die nun in NRW geänderten Stellplatzbreiten nicht vor. Diese Details wurden erst mit der Verkündung der SBauVO publik.
Ein vorab erteilter, allgemeiner Hinweis auf möglicherweise anstehende Änderungen ungewisser Art hätte dem Bauherrn kaum dienlich sein können. Auch hätte ein solcher Hinweis im Regelfall die jetzt zusätzlich anfallenden Aufwendungen nicht verhindern können (sog. Sowieso-Kosten). Zudem führt der Mehraufwand zumeist zu einer entsprechenden Werterhöhung des Objekts, so dass dem Bauherrn bei der notwendigen wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung kaum ein Schaden entstehen wird.
Ob die anstehenden Umplanungen umgekehrt geeignet sind, zusätzliche Honoraransprüche zu generieren, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dies kann möglich sein, wenn Planungsleistungen bereits abschließend erbracht worden waren, als die geänderten Vorgaben erkennbar wurden (vgl. Koeble, in: Locher/Koebel/Frik, HOAI, 13. Aufl., Rz. 34 zu § 10). Solange die betreffende Leistungsphase aber noch nicht abgeschlossen ist, also etwa in der LPH 3 die Entwurfsplanung noch nicht vollständig erstellt und vom Bauherrn freigegeben wurde (vgl. Löffelmann/Fleischmann, Architektenrecht, 6. Aufl., Rz. 1049 und 87), dürfte ein Wiederholungshonorar nach § 10 Abs. 2 HOAI 2013 schwer zu begründen sein, da dieses stets voraussetzt, dass die betreffende Grundleistung zuvor bereits einmal erbracht wurde (vgl. Wirth/Galda, in: Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 9. Aufl., Rz. 32 zu § 10). Zusätzliche Honoraransprüche können ferner in Betracht kommen, wenn im Einverständnis mit dem Bauherrn nachgelagerte Leistungsphasen (LPH 5-7) bereits vor Erlangung der Baugenehmigung ganz oder teilweise erbracht wurden (Einwilligung in das sog. Vorprellen), der Bauherr also das Risiko wiederholt zu erbringender und zu honorierender Planungsleistungen durchaus bewusst in Kauf genommen hat und dieses Risiko sich jetzt infolge der neuen SBauVO verwirklicht (vgl. OLG Düsseldorf, BauR 1994, 858).
Insoweit allerdings ist wiederum von Belang, ob der Architekt zum fraglichen Zeitpunkt das erhöhte Risiko wegen einer anstehenden Rechtsänderung bereits hätte kennen und den Bauherrn hierauf hätte aufmerksam machen müssen. Das wird man, wie bereits ausgeführt, im Falle der novellierten SBauVO grundsätzlich ausschließen können.
Praxistipp
Die Folgen des übergangslosen Inkrafttretens der SBauVO sollten vorrangig durch ein Bemühen um die Zulassung von Abweichungen abgefedert werden. Gelingt dies nicht (Abweichungen stehen im Ermessen der Genehmigungsbehörden), mögen die neuen Anforderungen und dadurch bedingte Kostenänderungen für den Bauherrn zwar überraschend kommen. Solange der Architekt aber keine Baukostengarantie übernommen hat, wird er hierfür kaum verantwortlich gemacht werden können, da er die stets mögliche Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen nicht zu vertreten hat.
Weitere Informationen zur SBauVO finden Sie <link record:tt_news:tt_news:4456>hier.
Teilen via