Unvollständige Bauantragsunterlagen

29. September 2014von Katrin Dietrich, September 2014

Architekt A wendet sich mit folgender Frage an die Architektenkammer NRW:
„Regelmäßig beantrage ich für Bauherren Baugenehmigungen und Vorbescheide. Ich erlebe in letzter Zeit immer häufiger, dass die Bauaufsichtsbehörden wochenlang gar nichts von sich hören lassen und dann plötzlich die Erteilung des Vorbescheides oder der Baugenehmigung verweigern, weil die Bauvorlagen nicht vollständig seien. Früher war es üblich, dass sich die Bauaufsicht vor einer Zurückweisung noch einmal bei mir gemeldet und Unterlagen nachgefordert hat. Ist meinen Bauherren in einer solchen Situation zu raten, auf Erteilung der Genehmigung zu klagen?“


Abgesehen davon, dass ein Verwaltungsgerichtsverfahren im Einzelfall langwierig sein kann (derzeit ca. ein Jahr) will ein solcher Schritt auch aus anderen Gründen gut überlegt sein.
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen wies mit Urteil vom 29.04.2014 (AZ: 9 K 320/12) die Klage eines Bauherrn auf Erteilung einer Baugenehmigung für eine Anlage der Außenwerbung zurück, indem es festhielt: Ein Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung kann nur bestehen, wenn die Bauvorlagen auch eine Bescheidung zulassen.
Nach § 69 Abs. 1 S. 1 Bauordnung  NRW (BauO NRW) ist der Bauantrag schriftlich mit allen für seine Beurteilung sowie für die Beurteilung des Bauvorhabens erforderlichen Unterlagen in ausreichender Zahl bei der Bauaufsichtsbehörde einzureichen. Die Bauvorlagen dienen dabei der Konkretisierung des Bauvorhabens, sodass sie eindeutig sein müssen. Welche Bauvorlagen im Einzelfall erforderlich sind, legt die Bauprüfverordnung (BauPrüfVO NRW) fest.

Im entschiedenen Fall genügten die Bauvorlagen nach Auffassung des Gerichts nicht § 14 BauPrüfVO NRW. Entgegen § 14 Abs. 2 BauPrüfVO NRW hatte der Architekt der Klägerin keine Bauzeichnungen vorgelegt. Nach § 14 Abs. 2 BauPrüfVO muss die Zeichnung, für die ein Maßstab nicht kleiner als 1 : 50 zu verwenden ist, u. a. die Darstellung der geplanten Werbeanlage und ihre Maße - auch bezogen auf den Anbringungsort - enthalten.

Zwar hatte der Architekt des Klägers eine vermaßte Fotomontage erstellt, aber dort keine exakte Höhe der Anlage angegeben. Unklar blieb nach Auffassung des Gerichts in der Fotomontage weiterhin, wie weit die Werbeanlage vor die Wand ragte. Die Tiefenangabe auf der ebenfalls eingereichten Produktzeichnung ließ das Gericht nicht genügen und äußerte Zweifel, ob es sich dabei überhaupt um eine Bauzeichnung im Rechtssinne handele, da diese nicht gemäß § 69 Abs. 2 Satz 1 BauO NRW unterzeichnet war.

Zur Schilderung des Architekten, dass die Behörde früher Bauvorlagen nachgefordert habe und nicht „einfach so“ den Bauantrag zurückgewiesen habe, sagt das Oberverwaltungsgericht NRW in ständiger Rechtsprechung: Nach § 72 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW soll die Bauaufsichtsbehörde einen Bauantrag zurückweisen, wenn die Bauvorlagen unvollständig sind oder erhebliche Mängel aufweisen. Es sei nicht Aufgabe der am Baugenehmigungsverfahren beteiligten Behörden, Bauanträge mit eigenen Mitteln und damit, so die Richter wörtlich, zu Lasten der Allgemeinheit bescheidungsreif zu machen (OVG NRW, Beschluss v. 05.02.2001, Az.: 7 A 410/01).

Praxistipp
Der Architekt ist gut beraten, sich bei der Zusammenstellung der Bauvorlagen konsequent an die Vorgaben der BauPrüfVO NRW zu halten. Die Baubehörden können, müssen aber nach aktueller Rechtslage keine Hinweise geben, wenn die Bauvorlagen unvollständig sind. Zudem gilt nach ständiger Rechtsprechung der Zivilgerichte: Übernimmt ein Architekt den Auftrag für eine Genehmigungsplanung, schuldet er eine genehmigungsfähige Planung. Ist die Planung nicht genehmigungsfähig, hat er keinen Honoraranspruch gegen seinen Bauherrn. Er kann diesem vielmehr zum Schadensersatz verpflichtet sein – etwa zum Ersatz der Kosten für einen Vermessungsingenieur, der Gebühren für den ablehnenden Bescheid und zum Ersatz der Zinsbelastung, die auf eine Bauverzögerung infolge der fehlerhaften Planung zurückzuführen ist (vgl. nur OLG Hamm, Urteil vom 04. Januar 2001 – 21 U 159/99).

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