Verschwiegenheitspflicht des Architekten
Architekt B. wendet sich mit folgendem Problem an die Rechtsberatung der Architektenkammer NRW:
„Ich habe den Verdacht, dass mein Auftraggeber Schwarzarbeiter auf der Baustelle beschäftigt. Muss ich Anzeige gegen ihn wegen Verstoßes gegen das Schwarzarbeitergesetz erstatten?“
Der Architekt hat Stillschweigen über das zu bewahren, was er über den Auftraggeber erfährt; dies ist eine aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitete vertragliche Nebenpflicht im Rahmen des Vertragsverhältnisses Bauherr - Architekt. Als Sachwalter des Bauherrn hat der Architekt eine besondere Vertrauensstellung inne. Ihm werden während der Planung und Bauausführung viele Umstände aus der Privatsphäre des Auftraggebers bekannt, z. B. finanzielle oder auch familiäre Verhältnisse. Aus diesem Grund muss sich der Bauherr auf die Verschwiegenheit des Architekten verlassen können.
Auch unerlaubte Handlungen des Bauherrn wie die Beschäftigung von Schwarzarbeitern darf der Architekt nicht von sich aus anzeigen. Er darf allerdings auch nicht daran mitwirken und kann deshalb ggf. den Architektenvertrag aus wichtigem Grund kündigen. Er darf aber z. B. bei Zurückziehung der öffentlich-rechtlichen Bauleitererklärung der Behörde nicht den Grund für dieses Vorgehen mitteilen.
So hat auch das LG Leipzig durch Urteil vom 12.10.2001 (Az.: 02 O 6496/01) einem Architekten untersagt, einem Generalunternehmer wörtliche oder schriftliche Informationen, insbesondere Baustellenprotokolle, Mängelprotokolle, Videoaufnahmen und Fotodokumentationen, über die er aufgrund seiner Tätigkeit als Architekt bei dem Bauvorhaben verfügte, nach der außerordentlichen Kündigung des Architektenvertrages herauszugeben. Denn die Verpflichtung des Architekten zur Verschwiegenheit wirkt auch nach Beendigung des Architektenvertrages und auch bei einer Vertragsübernahme als nachvertragliche Pflicht weiter. Verletzt der Architekt diese Pflicht, macht er sich schadensersatzpflichtig.
Die Verschwiegenheitspflicht hat jedoch kein Zeugnisverweigerungsrecht des Architekten im Rahmen einer Vernehmung als Zeuge vor Staatsanwaltschaft oder Gericht zur Folge, wie es z. B. bei Angehörigen oder Rechtsanwälten gegeben ist.
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